Garmisch-Partenkirchen:  Zwischen Schneehotel und Schokoladenseminar

Alpinvergnügen auf der Zugspitze. Foto: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG/Farys
Alpinvergnügen auf der Zugspitze. Foto: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG/Farys

Garmisch-Partenkirchen.

Rund um Garmisch-Partenkirchen locken im Schatten der Zugspitze noch bis weit in den April Wintersporterlebnisse – und süße Versuchungen. Der oberbayerische Ort ist Ausgangspunkt für Wintersport und ungewöhnliche Übernachtungen im Iglu auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, sowie für ganzjährige Urlaubserlebnisse wie Schokoladenseminare und Kurse im Skibauen.

Dass sich das Klima ändert, merkt man auch auf Deutschlands höchstem Berg. Gleich unterhalb der 2962 Meter hohen Zugspitze liegt das wohl ungewöhnlichste „Hotel“ des Landes: In fünfzehn Zimmern übernachten im Iglu-Dorf bis zu 50 Urlauber bei kühlen null bis vier Grad, mollig eingepackt in wärmende Expeditionsschlafsäcke. Noch bis weit in den April können abenteuerlustige Gäste im Schneehotel einchecken – doch die Saison des Iglu-Teams wird dennoch immer kürzer: „In diesem Winter konnten wir nach dreitägigem Dauereinsatz erst kurz vor Silvester eröffnen“, sagt Patrick Festerling, der selbst im vierten Jahre von insgesamt elf Iglu-Wintern dabei ist. „Schnee und Kälte kommen später, dafür dauert die kalte Jahreszeit hier oben oft länger als früher“, glaubt der 28-Jährige.

Gute Laune bei 0° C: Im Iglu-Hotel auf der Zugspitze. Foto: C. Schumann
Gute Laune bei 0° C: Im Iglu-Hotel auf der Zugspitze. Foto: C. Schumann

Diesen Eindruck bestätigen auch die Experten im Schneefernerhaus, das in Sichtweite des Iglus eine der wichtigsten Umweltforschungsstationen des Landes beherbergt. Sieben Mitarbeiter des Unweltbundesamtes zeichnen in der klaren Höhenluft der Zugspitze unter anderem Daten zu Luftverschmutzung und –zusammensetzung, Wolkenbildung, Permafrost sowie zur Temperatur aus. „Unser Wetterturm zeichnet schon seit 1900 die Temperatur auf“, weiß Mirella Glor. Die Wissenschaftlerin ist seit 2014 täglich auf der Zugspitze und beobachtet ebenfalls Veränderungen: „Die Winter werden wärmer – und sie beginnen auch hier oben später.“ Alpinski- oder Schlittenfahrern bietet die Zugspitze mir ihren drei Gletschern gleichwohl rund ein halbes Jahr lang bis in den Frühling hinein als höchstes Skigebiet hierzulande beste Bedingungen für Schnee- und Winterspaß. Das Besondere: Die rund 20 Pistenkilometer zum Skifahren oder Boarden sind eine reine Naturschneepiste. Anders das tiefer gelegene Skigebiet „Garmisch-Classic“, in dem die drei Garmischer Skiberge Hausberg (1340 m ü.d.M.), Kreuzeck und Alpspitze mit ihren 40 Pistenkilometern für schneesichere Bedingungen auch vier künstlich beschneite Talabfahrten für Könner wie für Familien mit Kindern und Ski-Anfänger besitzen.

Bei den Forschern im Schneefernerhaus auf der Zugspitze: Mirella Glor (vorn). Foto: C. Schumann
Bei den Forschern im Schneefernerhaus auf der Zugspitze: Mirella Glor (vorn). Foto: C. Schumann

Dass das Wintersportziel Garmisch-Partenkirchen selbst nur rund 700 Meter über dem Meeresspiegel liegt, trifft besonders Langlauffans. Denn wegen Schneemangels im Tal konnte das rund 28 Kilometer umfassende Loipennetz des 30.000-Einwohner-Ortes in den letzten Wochen nur selten gespurt werden. Ausreichend Schnee fällt meist erst in 800 oder 900 Metern Höhe, wo er auch liegenblieb. Und sicheres Loipenvergnügen für klassischen und Skatingstil garantiert eigentlich nur das rund fünf Kilometer von Garmisch entfernte Biathlonzentrum in Kaltenbrunn.

Aber Garmisch-Partenkirchen bietet auch abseits von Pisten und Loipen zahlreiche Erlebnisse. Etwa die rund 110 Kilometer geräumten Winterwanderwege, auf denen man mit Blick auf die traumhafte Alpenkulisse der Umgebung spaziert. Und natürlich die historischen Kerne der beiden Ortsteile Garmisch und Partenkirchen: Hier das leicht mondänere Garmisch mit seiner Fußgängerzone, die zwischen Kurhaus und der romanisch-gotischen St.-Martin-Kirche verläuft. Gleich um die Ecke liegt die Frühlingsstraße, in der viele Fassaden mit den berühmten „Lüftlmalereien“ bunt verziert sind, die Geschichten über ihre Bewohner erzählen. Partenkirchens geschichtsreiche Ludwigstraße ist fast noch bekannter für seine Jahrhunderte alten Häuser – das Alte Haus am südlichen Ende soll teils noch aus der Zeit Barbarossas stammen – und ihre historischen Fresken. Heinrich Bickel, einer der größten „Lüftlmaler“ überhaupt, schmückte beispielsweise den Gasthof Fraundorfer mit einer prächtigen Bauernhochzeit.

Die Ludwigstraße in Partenkirchen ist berühmt für ihre "Lüftlmalereien". Foto: C. Schumann
Die Ludwigstraße in Partenkirchen ist berühmt für ihre "Lüftlmalereien". Foto: C. Schumann

Von dort sind es nur wenige Schritte zu einer der süßesten Attraktionen Partenkirchens in der Ludwigstraße 55: In der Chocolaterie Amelie können Urlauber nicht nur mehr als 70 Sorten hausgemachte Schokoladen- und Pralinenkreationen aus der offenen Produktion erwerben – noch schöner ist das Selbermachen süßer Kreationen in einem Workshop mit Tipps vom Fachmann. Linus Kässer, in zweiter Generation aktiv im Handwerksbetrieb seiner Eltern, kennt als gelernter Patissier die Geheimnisse gelungener Kombinationen aus hochwertiger Schokolade und lokalen Zutaten wie Butter aus Alpenmilch, lokaler Sahne oder Balsamico aus dem nahen Italien. „Erst, wer die vielen kleinen Arbeits- und Versuchsschritte auf dem Weg von der Zutat zum gelungenen Genussmittel Praline und Co. kennt, weiß Schokolade wirklich zu schätzen“, findet der 28-Jährige.

Linus Kässer von der "Chocolaterie Amelie" in Gapa kennt die Geheimnisse guter Schokolade. Foto: C. Schumann
Linus Kässer von der "Chocolaterie Amelie" in Gapa kennt die Geheimnisse guter Schokolade. Foto: C. Schumann

Einige Häuser weiter sind Wintersportfans mit handwerklichem Geschick richtig. In seiner Ladenwerkstatt in der Ludwigstraße 15 – und im nahen Farchant – führt Axel Forelle Hobby- und Profisportler in die Kunst des Ski- und Snowboardbaus für Jedermann ein. Seit 2012 entstehen so in kleinen Gruppen unter Anleitung des ehemaligen Rennfahrers und studierten Wirtschaftsjuristen in Wochenendseminaren individuelle „Bretter, die die Welt bedeuten“. Dass dafür nicht sein Studienort München, sondern sein Geburtsort Partenkirchen der richtige Standort ist, stand für den leidenschaftlichen Wintersportler immer fest: „Hier liegen die Alpen vor der Haustür – und selbst in milden Wintern wie dem jetzt zu Ende gehenden sind die Pisten bei Garmisch oder auf der Zugspitze noch bis in den April offen.“ Herzstück eines jeden Skis und Snowboards, das bei Build2Ride entsteht, ist ein Kern aus Eschenholz. „Diesen fräst jeder Kursteilnehmer zunächst aus einem Rohling, angepasst an seine Größe, sein Gewicht und seine Fahrkünste. Auf diesen Spannungsträger werden dann insgesamt zehn Schichten aus Glasfaser-Karbon-Gewebe aufgebracht. Zum Schluss folgen Kanten und Bindung.“ Das Besondere: Jeder Ski und jedes Snowboard – ob Carver, Tourenski, Twintop oder Freerider – wird mit Farbe, einem eigenen Foto oder anderen Applikationen zu einem echten Unikat. Und damit auf jeder Piste der Welt einmalig.

Unter seinen Kursteilnehmern seien überraschend viele Norddeutsche, findet der 29-jährige Forelle. Aber zum einen gebe es auch im Norden den Trend, „mal wieder etwas mit eigenen Händen zu fertigen“ als Ausgleich zur Büro- und Computertätigkeit. Zum anderen werde Skifahren überall auf der Welt individueller. Wer diesen eigenen Weg finde wolle, finde dazu in seiner Heimat Oberbayern beste Voraussetzungen, findet Forelle.

Auf Skiern zuhause: Axel Forelle veranstaltet in seinem Heimatort Kurse im Sk- und Snowboardbau. Foto: C. Schumann
Auf Skiern zuhause: Axel Forelle veranstaltet in seinem Heimatort Kurse im Sk- und Snowboardbau. Foto: C. Schumann