Das Geheimnis hinter dem Shoppingerlebnis

Sønderborgs Einkaufsstraße Perlegade
Sønderborgs Einkaufsstraße Perlegade

Sønderborg. Ein Sonnabend im Advent. Durch die Fußgängerzone von Sønderborg fließt ein dichter Strom von Shoppinglustigen. Dänische mischen sich mit deutschen Wortfetzen. Weihnachtsbäume und Sternenlichter schmücken die Perlegade, auf dem Rathausplatz vor der Touristeninformation leuchtet ein hoher Christbaum und verbreitet Festlichkeit – die Jule-, sprich: Weihnachtszeit gehört in Dänemark bekanntlich zu den wichtigsten Wochen im Jahreskalender.


Erster Anlaufpunkt ist die Touristeninformation. Aus zwei Gründen: Um einen kompakten Überblick über Einkaufs- und touristische Attraktionen der 30.000 Einwohner großen Hauptstadt der Insel Als zu gewinnen. Und zu Testzwecken: Anfang November haben die Experten des nationalen Videncenter for Kystturisme (dt. Wissenszentrum für Küstentourismus) die Handels- und Universitätsstadt an der Flensburger Förde unter 25 Mitbewerbern als Dänemarks Shopping- und Feriendestination Nummer eins ausgezeichnet – vor bekannten Namen wie Svendborg, Gilleleje oder Billund. Um einen objektiven Überblick über Serviceanstrengungen, Kundenorientiertheit oder Freundlichkeit in Geschäften, aber auch in Restaurants, Cafés, örtlichen Sehenswürdigkeiten und Touristeninformationen zu erhalten, schickten die Forscher bis zum Sommer insgesamt 1400 sogenannte Mystery Shopper auf heimliche Erkundungstour. Das Ergebnis: Mit 87,6 von 100 möglichen überzeugte Sønderborg in Sachen Offenheit gegenüber Gästen und Offenheit am meisten. Eine Verbesserung auch gegenüber dem Vorjahr, als der Wert bei lediglich 81,8 „Servicepunkten“ lag.

Tatsächlich haben wir die Touristeninformation kaum betreten, als Mitarbeiterin Conni Ernst schon mit einem süddänischen „Mojn“ die Initiative zum Dialog – so nennen die Experten die Willkommenskultur wirklich – ergreift und uns nach unseren Interessen und Plänen fragt. Zunächst auf Dänisch, dann aber auch auf Deutsch oder Englisch. Unser Ziel steht fest: ein Shoppingbummel.

Eines der traditionsreichsten Geschäfte von Sønderborg liegt nur wenige Schritte entfernt. Bei Wohlenberg in der Perlegade 10 duftet es verführerisch nach Süßigkeiten, Kaffee und anderen Köstlichkeiten. Angestellte bieten einströmenden Kunden kleine Kostproben aus Schokolode oder Marzipan an. „Unser Geschäftsgeheimnis ist im Grunde seit der Gründung 1913 gleich“, sagt Inhaber Jørn Petersen. „Wir verkaufen nicht nur Waren wie Wein, Tee und regionale Delikatessen wie Marmelade oder Honig, sondern ebenso eine lange Geschichte und ein Erlebnis.“ Diese Kombination lieben nicht nur dänische, sondern auch ausländische Kunden – die bei Wohlenberg wie in den meisten der rund 80 anderen Kleidungs-, Schuh-, Möbel-, Design-, Spielwaren- oder Buchläden in der Altstadt von Sønderborg auch mit Euro oder EC-Karte bezahlen können. Auf Wunsch, so der 58-jährige Petersen, werde Tee oder Pfeifentabak auch weltweit an die Heimatadresse geliefert.

Nur wenige hundert Meter von Wohlenberg entfernt liegt der Laden von Rikke Torrè ebenfalls in der Perlegade. Seit 25 Jahren führt die gebürtige Sønderborgerin ihre Lifestyle-Boutique „Huset Torrè“, in der man neben Kleidung auch Dekoratives für Zuhause und ausgesuchte Kulinarik wie Champagner oder Pralinen findet. Tatsächlich bleiben wir auch bei der 45-jährigen Torrè und ihren sechs Mitarbeiterinnen nicht lang allein, sondern werden freundlich auf Beratung und Hilfe angesprochen. „Wir gehen gern auf unsere Kundinnen und Kunden zu“, umschreibt Rikke Torrè ihr Erfolgsgeheimnis. „Mein Geschäft ist mein Zuhause – und dorthin lade ich Kunden quasi ein. Gezielte Beratung gehört dazu, wir haben alle Spaß bei der Arbeit.“ Das schätzten ihre dänischen ebenso wie ihre deutsche Kunden aus Flensburg oder Hamburg. Rund die Hälfte der einkaufenden Gäste in Sønderborg kommen aus dem südlichen Nachbarland.

Doch auch in Sønderborg ist nicht alles (Einkaufs-)Gold, was glänzt. Je weiter wir zum nördlichen Ende der Perlegade bummeln, umso mehr leerstehende Ladenlokale fallen uns auf. Hier gab es bis vor kurzem einen Buchhändler. Dort ein Modegeschäft. Hier die Filiale einer deutschen Schuhkette. Ein Grund dafür: Vor gut einem Jahr eröffnete gleich um die Ecke an der Østergade das neue Einkaufscenter Borgen, zu Deutsch: die Burg. Dort finden Shoppingfans jetzt mehr als 30 Läden auf knapp 24.000 Quadratmetern unter einem Dach, dazu 600 Parkplätze. „Einige der Händler sind dorthin umgezogen“, bestätigt Jens Bachmann, „Feel good manager“ des Einzelhändlerverbandes von Sønderborg. „Gleichzeitig fehlt es Initiatoren aufgrund der Finanzkrise zurzeit leider an finanziellem Spielraum, neue Geschäftsideen zu realisieren. Aber das wird sich garantiert ändern.“ Mit dazu beitragen sollen Visionen wie das vom Einzelhändlerverband entwickelte Konzept „Det Sønderjyske Hus“, das Südjütländische Haus, das in einigen Jahren eine kulinarische, kulturelle und handwerkliche Anlaufstelle für Erzeugnisse aus der Region werden könnte.

Auch Jørn Petersen sieht die Zukunft der Shoppingstadt Sønderborg positiv, nicht zuletzt dank der neuen Autobahn von Jütland nach Als: „Ich glaube, dass das neue Einkaufscenter unsere Innenstadt letztlich stärkt. Heute gibt es hier schon mehr Geschäfte als vor zwölf Monaten. Und mit der anziehenden Konjunktur in ein, zwei Jahren wird der positive Effekt noch stärker zu spüren sein.“ Denn den Fehler, ein großes Shoppingcenter vor die Tore der Stadt zu setzen, habe man gemeinsam vermieden. „Wir setzen auf die City – und arbeiten weiter an einer Willkommenskultur.“ Dazu besuche man sogar regelmäßig gemeinsam Kurse in guter Gastgeberschaft – schließlich habe Sønderborg jetzt als Shoppinghauptstadt des Königreichs einen guten Ruf zu verteidigen.

 

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www.shoppinghovedstaden.dk