Wanderbares Teneriffa: Millionen Jahre in fünf Stunden

Wandergruppe in Anaga. Foto: C. Schumann, 2016
Wandergruppe in Anaga. Foto: C. Schumann, 2016

Teneriffa. Die Kanareninsel Teneriffa ist im Frühjahr, aber auch im Herbst, das ideale Ziel für Aktivurlauber wie Wanderer - ganz besonders der Inselnorden mit der grünen Halbinsel Anaga

Meerblick mit Kakteen: Auf der Halbinsel Agana im Norden Teneriffas geht der Blick auf den Atlantik. Foto: C. Schumann, 2016
Meerblick mit Kakteen: Auf der Halbinsel Agana im Norden Teneriffas geht der Blick auf den Atlantik. Foto: C. Schumann, 2016

Puerto de la Cruz/Teneriffa. Gleich hinter Benijo ändert sich die Vegetation. Eben noch lag der offene Atlantik unter der Steilküste zu unserer Linken, nun lassen wir die in Terrassen angelegten Gärten des kleinen Dorfs im Norden von Teneriffa hinter uns. Fast wie zur Zeit der Eroberung durch die Spanier vor mehr als 500 Jahren bauen die wenigen Bewohner hier im Norden der Kanareninsel Kartoffeln oder Mais zur Selbstversorgung an – bis zur Inselhauptstadt Santa Cruz sind es auch heute noch fast zwei Autostunden über teils gewundene, enge Bergstraßen über die grüne Halbinsel Anaga. Die 200.000 Einwohner große Metropole scheint weit entfernt, noch weiter der Strand- und Sonnentourismus der sich im trockneren, aber auch kargeren Westen und Süden der Urlaubsinsel tummelt.

„Anaga und der Norden sind etwas für Individualisten“, sagt Cao Sánchez-Serrano, während wir Schritt für Schritt dem Wanderweg TF 11 über rund 400 Höhenmeter nach Cruz del Draguillo folgen. Dabei gehöre die Region, die als Nationalpark Reserva Natural Integral Fijaral unter strengem Naturschutz steht, zu den ältesten Teilen Teneriffas, so der 43-jähriger Wanderguide: „Vor elf Millionen Jahren bestand unsere Insel vermutlich aus drei Teilen. Erst der Ausbruch des Vulkans Pico del Teide, der nun in das Herz Teneriffas bildet, hat vor fünf Millionen Jahren eine Verbindung zwischen ihnen geschaffen und Teneriffas jetziges Aussehen geformt.“

Fast von allen Punkten aus ist Teneriffas 3718 Meter hohes Wahrzeichen zu sehen. Wir aber wenden dem El Teide beim Weiterwandern gen Norden den Rücken zu. Durchqueren zunächst auf vulkanisch-roten Geröllböden eine Zone mit Kakteen, die wie Kerzenhalter aussehen. „Die Pflanze stammt ursprünglich aus Mexiko“, erklärt Cao Sanchéz, eingeführt von den Spaniern, die sie aus Mittelamerika mitbrachten. Dann erreicht unsere Gruppe die sogenannte Tabaibal Cardonal: Die „Sukkulentenbusch-Zone“ mit Balsam-Wolfsmilch erstreckt sich im wasser- und wolkenreichen Norden Teneriffas anders als im wüstenartigen Süden bis auf 1000 Meter. Selbst Hitze und Waldbrände überstehen viele Pflanzen hier ohne Schäden, weiß unser ortskundiger Begleiter: „Die einheimische Kiefer, erkennbar an ihren drei statt sonst zwei Blättern, speichert ihr Wasser nicht im Stamm, sondern im Boden – dadurch ist der Baum nahezu vor dem Verbrennen geschützt.“

Neben der Tabaibal Cardonal haben Flora und Fauna von Teneriffa Naturfans noch mehr zu bieten. Dazu gehören die vielen Palmen und Agaven, Drachenbäume, Strelitzien und auch kleine Skinks – Eidechsen, die neugierig Wanderer wie uns beobachten. Nicht zu vergessen auch den Kanariengirlitz, der aber seltener im grünen Norden als auf Feldern, in Kiefernwäldern, an Steilwänden und in trockenen Gebieten Teneriffas zu Hause ist. Der „Nationalvogel“ ernährt sich hauptsächlich von Körnern und Früchten. Das Nest baut er in Kiefern, Heidekraut, Lorbeerbäumen und anderen Bäumen. Sein lebhafter, melodischer Gesang ist oft zu hören.

Nach einer kurzen Pause im kleinen Bergort Chamorga gehen wir gestärkt das letzte Stück des Weges hinunter zum Küstenort Roque Bermejo. Das offene Meer liegt nun erneut immer Blick. Auch plötzlich aufziehende Wolken, Regenschauer und rutschiger Lavaboden können uns nicht mehr aufhalten. Nach rund fünf Stunden Wanderung ist das Ziel nah: Der kleine Hafen von Roque Bermejo, das als eine der letzten Siedlungen Teneriffas nur über Meer zu erreichen ist. Ehe ein Boot uns abholt, bleibt Zeit für ein erfrischendes Bad im Atlantik. Dann geht es übers offene Meer an der grünen Nordküste zurück nach Santa Cruz. Rund eine Stunde dauert die Fahrt über die Wogen des Ozeans und vorbei am kleinen Kap Roque de Antequera, ehe uns die Zivilisation in Teneriffas Kapitale wieder hat.


Reiseinfos

Allgemeine Informationen über Teneriffa unter www.webtenerife.de

Rund zehn Prozent aller natürlichen Wanderwege Spaniens liegen auf den kanarischen Inseln. Teneriffa bietet Wanderwege aller Schwierigkeitsgrade – im Wald, am Meer entlang oder etwa im 1954 eingeweihten Teide Nationalpark. Die Wanderwege sind meist durchgehend beschildert und individuell zu gehen. Anbieter für Touren mit Guide (auch deutschsprachig) finden sich aber ebenso.

Aktivurlaub

Festival

Einmal im Jahr findet darüber hinaus das Tenerife Walking Festival statt. Nächster Termin ist der 23.–27. Mai 2017. Auf dem 6-tägigen Programm stehen tgl. vier Wanderungen mit ortskundigen Guides sowie ein kulinarisches Abschlussevent mit lokalen Spezialitäten. Die Teilnehmerzahl ist auf 200 beschränkt. www.tenerifewalkingfestival.com/de/