Wandern mit Weitblick – aktive Tage auf den atlantischen Azoren

Berge und Meer – Wanderpause auf den Azoren. Foto: C. Schumann
Berge und Meer – Wanderpause auf den Azoren. Foto: C. Schumann

Mit einem dichten Netz an Wanderwegen an Küsten oder zu Vulkanseen gehören die portugiesischen Azoren zu den schönsten Zielen für Aktivurlauber, endlose Ausblicke auf den Atlantik inklusive – größte Insel ist São Miguel

 

Plötzlich bricht die Sonne durch das dichte Blätterdach. Fast hatte unserer Wandergruppe beim Anstieg zum Lagoa do Fogo die frühlingshaften Temperaturen „draußen“ schon vergessen, so faszinierend zeigt sich die Natur auf São Miguel. Knapp sechs Kilometer schlängelt sich der Wanderweg von Água d’Alto an den historischen Bewässerungsläufen der Levada hinauf zum Kratersee, der in 670 Metern Höhe liegt. Dass die Tour zu den schönsten auf den Azoren zählt, ist besonders der blühend-grünen Pracht zu allen Seiten zu verdanken.

„Dies hier ist Baumheide“, erklärt Wanderguide Oliver Breda mit Fingerzeig auf die Erikasträucher am Wegesrand. „Dort drüben stehen Heidelbeerbäume, über wachsen Stechpalmen – und die blau-violetten Hortensien erkennt ja sogar ihr“, lacht der Hobbybotaniker und erfahrene Reiseleiter von Wikinger Reisen. Dass die bis zu fünf Meter hohen Garten-Hortensien erst im 19. Jahrhundert aus Asien eingeführt wurden, stört ihre Schönheit nicht. Nach gut zwei Stunden erreichen wir das Ufer des erst 1563 beim Ausbruch des Vulkans Pico da Sapateira entstandenen Lagoa do Fogo.

Belohnt wird die Anstrengung mit einem Picknick aus lokalen Spezialitäten wie Blutwurst, lokaler Ananas und Hartkäse aus Milch der angeblich mehr als 200.000 Kühe – bei nur 140.000 Einwohnern auf São Miguel – sowie endlosen Ausblicken auf den Atlantik bis zum Horizont. So gestärkt geht es anschließend auf der Ostseite des Ribeira da Praia wieder hinab. Nach zwölf Kilometern und knapp fünf erlebnisreichen Stunden schließt sich die Runde.

 

 

Wo man in heißer Erde kocht

Der Pfad zum Lagoa do Fogo ist nur einer von zahlreichen naturnahen Wegen, die die Azoren zu einem echten Wanderparadies machen. Während heute oft geflogen wird, führte über Jahrhunderte der kürzeste Weg zwischen den neun zu Portugal gehörenden Atlantikinseln über das Meer. An Land ging es auf einfachen Wegen in Kutschen oder mit Ochsenkarren weiter. Die meisten anderen Wegen waren Fußpfade, auf denen die Azoreaner zur Arbeit auf Feldern oder an der Küste gingen – oft begleitet von Pferden, Eseln, Maultieren oder ihrem Weidevieh. Auch Erntefrüchte, Fisch oder Kohle transportierte man auf dem historischen Wegenetz, das heute gut ausgebaut und bestens beschildert die Grundlage des umfangreichen Wanderwegenetzes bildet.

Einer von ihnen führt im Inselinnern von São Miguel vorbei an der Kirche Senhora das Vitórias entlang des Westufers des Lagoa das Furnas. Nach knapp einer Stunden erreichen wir die Caldeiras am Nordufer des Sees: Die brodelnden, heißen Quellen sind nicht nur ein sichtbarer Beweis für die vulkanische Aktivität auf den Azoren, sondern auch eine beliebte Attraktion – in der heißen Erde garen lokale Köche aus den Restaurants im nahen Furnas den traditionellen Eintopf „Cozido das Furnas“ sechs bis sieben Stunden lang. Wir probieren den nahrhaften Fleischeintopf, zu dem Schweine-, Rind- und Hähnchenfleisch, aber auch Schweinewürste, Blutwurst, Speck sowie Kartoffeln, Weißkohl und Möhren gehören im Restaurante Tony’s in Furnas. Ein Kalorienfest, das man am besten mit einem entspannenden Bad im mineralhaltigen Thermalwasser im Terra Nostra Parque mit seinen exotischen Pflanzen krönt, der an die goldenen Zeiten des einst berühmten Kurorts Furnas erinnert.

 

 

Exotisches in Europa: Ananas und Tee

Nicht fehlen dürfen am nächsten Tag Abstecher zu zwei Besonderheiten, die man in Europa nur auf den Azoren findet: Nur hier im Atlantik werden Ananas angebaut –beispielsweise in der Plantage Augusto Arruda im Ort Fajã de Baixo vor den Toren von Ponta Delgada. Der Geruch der reifen Früchte strömt weit über die weißen Gewächshäuser hinaus – ein Genuss. Das gilt auch für den Tee von den Azoren: Die Teemanufaktur Chã Gorreana baut im Norden von São Miguel auf rund 45 Hektar Tee an, der seit 1886 auf traditionelle Art von den 30 Mitarbeitern mit viel Handarbeit zu grünem und schwarzem Tee verarbeitet wird. 40 Tonnen davon finden alljährlich ihren Weg in die besten Cafés und Restaurants in Portugal, aber auch zu Teekennern in aller Welt.

 

 

INFOS

Das Archipel der Azoren besteht aus neun vulkanischen Inseln und gehört zu Portugal. Sao Miguel ist mit rund 760 qkm Größe das größte Eiland der Azoren-Gruppe und liegt gemeinsam mit dem kleineren Santa Maria am östlichsten. Sao Miguel ist etwa 65 km lang und maximal 15 km breit. Von den rund 250.000 Einwohnern der Azoren leben etwa 150.000 auf Sao Miguel, die meisten davon im Hauptort Ponta Delgada.

Reiseinformationen Azoren: www.visitazores.com/de

 

Wanderreisen mit Guide hat u.a. der Aktivveranstalter Wikinger Reisen im Programm. Die 8-tägige geführte „Botanische Wanderwoche auf Sao Miguel“ z.B. kostet im Juli und August ab 1.548 Euro p.P. Person inkl. Flug ab Frankfurt M. Die 15-tägige Gruppenreise „Ein Hoch auf die Azoren“ mit Guide ist ab 2.048 Euro inklusive Flug buchbar. Reisezeit April–Sept. www.wikinger-reisen.de.

 

Text und Fotos: Christoph Schumann, 2016. Die Reise wurde unterstützt von Wikinger Reisen.