Dresden 2024: Caspar David Friedrich und Erich Kästner im Jubiläumsjahr – wo alles begann

Im Kunstmuseum Albertinum: Anett Orzyszek vor Caspar David Friedrichs Durchbruchswerk "Das Kreuz im Gebirge". Foto: Christoph Schumann, 2024
Im Kunstmuseum Albertinum: Anett Orzyszek vor Caspar David Friedrichs Durchbruchswerk "Das Kreuz im Gebirge". Foto: Christoph Schumann, 2024

REPORTAGE von Christoph Schumann

 

Dresden (cs). Von seiner Wohnung im Haus An der Elbe 9 hatte Caspar David Friedrich freien Blick auf Elbe und das gegenüberliegende Ufer der Neustadt. Heute versperrt die viel befahrene Carolabrücke den Blick vom heutigen Terrassenufer, den der aus Greifswald stammende Maler auch von seinem Atelier genoss. „Obwohl Friedrich ja als Künstler innerer Landschaften gilt und nur die wenigsten Bilder naturalistische Genauigkeit haben“, sagt Anett Orzyszek. 1798 kam Caspar David Friedrich (1774 –1840) nach Dresden – mehr als vierzig Jahre lang blieb die Stadt der Frauenkirche sein Lebens- und Schaffensmittelpunkt. Viele Jahre davon wohnte Friedrich Tür an Tür mit seinem Freund und Berufskollegen, dem Norweger Johan Christian Dahl. „Beide schufen zahlreiche ihrer Hauptwerke hier an der Elbe“, erklärt Orzyszek, mein aus Dresden stammender Guide beim Gang auf den Spuren des gefeierten Romantikers. „In der nahe gelegenen Gemäldegalerie Alter Meister setzte Friedrich sich mit Werken Alter Meister auseinander“, so Orzyszek von Elblandtours. „Und vor allem rund um Dresden fand der begeisterte Wanderer an der Elbe oder im Elbsandsandsteingebirge immer wieder Inspiration und Motive für seine Kunst.“

Wohnung in Elb- und Kunstnähe

Vom einstigen Wohnhaus gehen wir am modernen Caspar-David-Friedich-Denkmal vorbei zum Albertinum an der Brühlschen Terrasse. Das Kunstmuseum besitzt einige der wichtigsten Werke des Mecklenburger Künstlers, darunter den sogenannten Tetschener Altar. Das auch als „Das Kreuz im Gebirge“ bekannte Gemälde von 1808 ist eines seiner frühesten Ölbilder und gilt heutge als ein Höhepunkt der Frühromantik. Damals aber war das Werk ein Skandal, weiß Orzyzsek. „Kritiker wiesen auf formale Fehler hin und meinten, das Bild sei nicht realistisch genug. Es vermische mit seinem leuchtenden Berg, den Tannen und dem Kreuz Landschaftsmalerei und sakrale Kunst“, sagt Orzyszek. „Friedrich verwies aber auf seine geistige Verdichtung der Motive und das Ziel, Natur und Religiöses zu mischen.“ Schlagartig machte das Werk Friedrich auf jeden Fall bekannt.

Zusammen mit dem derzeit nach Hamburg verliehenen berühmten Bild „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“, das Friedrich 1819/20 für seinen Freund Dahl anfertigte und dem Spätwerk „Das Große Gehege bei Dresden“ (1832) bildet das Werk aus der eigenen Sammlung einen der Mittelpunkte der großen Ausstellung zu Friedrich, die im Albertinum ab August unter dem Titel „Wo alles begann“ aus Anlass des 250. Geburtstags die künstlerlische Revolution im frühen 19. Jahrhundert untersucht. Denn anders als seine Vorgänger wollte Friedrich nicht nur malen, „was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht“, wie auch das Denkmal vor dem Museum zitiert. In der Jubiläumsschau werden Friedrichs Gemälde den wichtigsten Landschaftsbildern aus der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister gegenübergestellt, die ihn einst inspiriert haben. Diese Landschaften der großen Meister – Jakob Ruisdael, Salvatore Rosa und Claude Lorrain – gehörten schon zu Friedrichs Lebzeiten zu den geschätzten Hauptwerken der Galerie.

Im Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Frühromantik in der Hauptstraße trafen sich Maler und Literaten der Epoche. Foto: Christoph Schumann, 2024
Im Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Frühromantik in der Hauptstraße trafen sich Maler und Literaten der Epoche. Foto: Christoph Schumann, 2024

Albertinum, Schloss, Augustusbrücke, Neustadt

Dass auch und gerade die Zeichnungen Friedrichs einen bedeutenden Teil seiner Arbeit ausmachen, wird eine Ausstellung im Kupferstich-Kabinett belegen, die zeitgleich mit jener im Albertinum startet. Das Kupferstich-Kabinett im Dresdner Residenzschloss lenkt den Blick auf Caspar David Friedrichs künstlerischen Prozess: Seine Zeichnungen sind von großer Einfühlsamkeit und gleichzeitig Genauigkeit geprägt. „Sie entstanden oft auf Wanderungen durch die nähere und weitere landschaftliche Umgebung, aber auch während seiner Reisen in die Heimat nach Greifswald und Rügen oder ins Riesengebirge. Wandern und Zeichnen gehören bei Friedrich eng zusammen“, sagt meine BegleiterJMin, während wir am Schloss vorbei über die Augustusbrücke zum anderen Elbufer gehen, um gleich zwei Orte aufzusuchen, an denen sich die Dresdner Künstler jener Zeit regelmäßig trafen und austauschten: Ein Denkmal von Wolf-Eike Kuntscher im Garten des Hotels Bellevue erinnert an den ungefähren Standort des Körnerhauses. im Wohnhaus des Dichters Theodor Körner (1791–1813), in dem sich mit Caspar David Friedrich und anderen große Denker und Künstler ihrer Zeit trafen. „Gleiches gilt für das Kügelgenhaus“, weiß Orzyszek, während wir weiter zur Hauptstraße gehen. Der damaligien Wohnort des Malers Gerhard von Kügelgen, der zwischen 1808 undd 1820 mit seiner Familie in der Dresdner Neustadt lebte, gilt als eines der kreativen Zentren der Epoche: Schriftsteller wie Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck, aber auch Maler wie Philipp Otto Runge und natürlich Caspar David Friedrich trafen sich hier mit Komponisten und Musikern wie Clara und Robert Schumann oder Richard Wagner. Und sogar der Klassiker Johann Wolfgang Goethe war einmal bei Kügelgen zu Besuch. Besonders eindrucksvoll ist das im Museum rekonstruierte Atelier Kügelgens mit Staffelei und dem fast sprichwörtlichen „kreativen Chaos“. Dieses sei ganz das Gegenteil der Arbeitsräume von Caspar Davis Friedrich gewesen, sagt Anett Orzyszek: „Friedrich mochte es einfach, fast leer und aufgeräumt. Wenig störte sein künstlerisches Schaffen.“

 

Auf den Spuren von Erich Kästner
Fast ein wenig im Schatten des großen Malers steht ein geborener Dresdner, dessen 125. Geburtstag Elbflorenz in diesem Jahr feiert. Erich Kästner erblickte am 23. Februar 1899 in einer Mansardenwohnung in der Königsbrücker Straße 66 das Licht der Welt. Heute erinnert eine Gedenktafel daran. Nur wenige Schritte entfernt erlebte der Autor unvergessener (Kinder-)Bücher wie „Emil und die Detektive“ oder „Pünktchen und Anton“ in der Nummer 48 den größten Teil seiner Kindheit. Von hier aus entdeckte der neugierige Junge die Äußere Neustadt mit ihren Gassen, Hinterhöfen und Menschen, denen Kästner später in seinem autobiographischen Kinderbuch „Als ich ein kleiner Junge war“ und anderen Werken, ein literarisches Denkmal setzte. Seine letzte Dresdner Adresse war die Königsbrücker Straße 38. Hier lebten seine Eltern noch bis in die 1950er, während der spätere Journalist, Lyriker, Romancier, Kinder- und Drehbuchautor längst in Berlin und später München zuhause war.

Nur wenige Schritte sind es von der Königsbrücker Straße bis zum Albertplatz. Zur Kaiserzeit war das Tor zur Neustadt einer der zentralen Dresdner Verkehrsknotenpunkte und voller Leben. Straßenbahnen, Autos und Menschen tummelten – und tummeln – sich hier. Erich Kästner, der vor fast 50 Jahren am 29. Juli 1974 starb, verbrachte viel Zeit am Albertplatz. Denn hier lag die Villa seines Onkels Franz Augustin in der Antonstraße 1. Von der Gartenmauer des Hauses aus überblickte er das bunte Treiben auf dem Platz. Heute zeigt ein Bronzedenkmal des in Berlin lebenden Künstlers Mátyás Varga den kleinen Erich auf der Mauer sitzend. Die restaurierte Villa von Kästners Onkel beherbergt seit genau fünfundzwanzig Jahren das Erich Kästner Museum. Die Ausstellungsarchitektur ist weltweit einzigartig. Anhand des sogenannten „micromuseums“ können Besucher in vielen kleinen Schubladen mit Zeitungsartikeln, Briefen und Fotos stöbern und auf die Spuren von Kästners Leben und Werk begeben.

 

Tipps und Infos für die Reise nach Dresden

Allgemeinen Reiseinformationen und Tipps zu Dresden gibt die Dresden Marketing GmbH, Tel. 0351-501501, www.visit-dresden-elbland.de.

 

Übernachtungstipp: Zentral übernachten kann man u.a. im Hotel Premier Inn Dresden City Prager Straße, Ferdinandstraße 14, 01069 Dresden, 0351-46566047, www.premierinn.de. Das Haus liegt nur wenige Gehminuten von Frauenkirche, Museum Albertinum, Altstadt und anderen Sehenswürdigkeiten entfernt. Übernachtung im DZ ab ca. 54 Euro.

 

Das Kunstmuseum Albertinum zeigt jederzeit einige zentrale Werke von Caspar David Friedrich und vieles mehr. Die große Sonderausstellung „Caspar David Friedrich – Wo alles begann“ läuft vom 24. August 2024 bis 5. Januar 2025. Tzschirnerplatz 2, 01067 Dresden, albertinum.skd.museum, Di–So 10–18 Uhr, Eintritt 12 Euro, Kinder/Jugendliche unter 17 Jahre frei.

Kügelgenhaus – Museum der Dresdner Romantik, Hauptstraße 13, 01097, www.stmd.de/kuegelgenhaus. Geöffnet Mi–Fr 10–17, Sa und So 12–17 Uhr, Eintritt 4 Euro, ermäßigt 3 Euro.

Das Erich Kästner Museum liegt in der Antonstr. 1, 01097 Dresden, www.kaestnerhaus-literatur.de, So, Mo, Do und Fr 10–17, Mi 12.30–17 Uhr, Eintritt 6 Euro, Kinder 4 Euro. Zum 125. Geburtstag von Erich Kästner gibt es ferner ein umfangreiches Festjahresprogramm mit Lesungen, Führungen und vielem mehr, www.dresden-kulturstadt.de

 

Individuelle oder Gruppenführungen auf den Spuren von Caspar David Friedrich und Erich Kästner bieten u.a. www.elblandtours.de, www.igeltour-dresden.de, und www.dresdens-heimliche-mitte.de