Impressionisten aus Museum Ordrupgaard zu Gast in Hamburger Kunsthalle: Nordische Leidenschaft für das Licht des Südens

Claude Monet: Straße im Wald von Fontainebleau, 1865. Ordrupgaard, Kopenhagen. Copyright Foto: Anders Sune Berg/PR
Claude Monet: Straße im Wald von Fontainebleau, 1865. Ordrupgaard, Kopenhagen. Copyright Foto: Anders Sune Berg/PR

KUNSTAUSSTELLUNG Hamburg/Kopenhagen. Es war ein Parforceritt für die Sammler. Und es ist ein Parforceritt für Besucher und Besucherinnen – ein lohnender, um es vorwegzuhmen. Nur rund vier Jahre benötigten der dänische Versicherungsdirektor und Staatsrat Wilhelm Hansen (1868–1936) und seine Frau Henny (1870–1951) zum Aufbau einer der bedeutendsten Sammlung französischer Impressionisten weltweit. Nachdem die Kopenhagener ab den 1890er Jahren zunächst auf dänische Kunst des 19. Jahrhunderts setzten – zentrale Arbeiten daraus waren bis zum Herbst in der Ausstellung „Im Licht des Nordens“ in Hamburg zu sehen –, widmeten sich die beiden von 1916 an gezielt dem Aufbau einer ebenso umfangreichen wie repräsentativen Sammlung französischer Malerei. Hansen hatte in Paris unter anderem Kontakt zum Kunstkritiker Théodore Duret sowie zu verschiedenen Kunsthändlern. Bis etwa 1920 trugen die Hansens hunderte Arbeiten hochkarätiger VertreterInnen des Impressionismus zusammen, ergänzt durch bedeutende Arbeiten des vorausgegangenen Klassizismus. Genau 60 zentrale Werke aus dem dänischen Kunstmuseum Ordrupgaard, dem einstigen Wohnsitz der Unternehmerfamilie Hansen nördlich von Kopenhagen, sind jetzt in der Hamburger Kunsthalle zu sehen: „Impressionismus. Meisterwerke aus der Sammlung Ordrupgaard“ ist eine seltene Gelegenheit, Spitzenwerke von insgesamt dreiundzwanzig französischen MalerInnen wie Camille Pissaro, Édouard Manet, Paul Gaugin, Edgar Degas, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir oder Eva Gonzalès sozusagen gebündelt zu sehen.

 

„Die Sonderschau belegt, was Privatsammler leisten konnten, wenn sie ihre Leidenschaft auf eine Kunstrichtung fokussierten“, sagte Kunsthallen-Direktor Alexander Klar anlässlich der Eröffnung zu unserer Zeitung. „Eine solche Fülle jener Epoche war noch nie in Hamburg zu sehen. Wir haben hier den Kern der wichtigsten KünstlerInnen des Impressionismus vor uns.“ Beginnend mit beispielhaften Werken von Jean-Auguste-Dominique Ingres oder Eugène Delacroix aus der Zeit von Klassizismus und Romantik, mit der die Moderne in Frankreich ihren Anfang nahm, geht die Ausstellung über zu detailreichen Naturansichten. Besonders Vertreter der sogenannten Schule von Barbizon wie Camille Carot, Jules Dupré, Charles-Francois Daubigny oder Gustave Courbet gehören dazu. Im Zentrum von „Impressionismus“ aber stehen Werke impressionistischer Schlüsselfiguren wie Pissarro, Manet, Monet oder Degas. Da sind beeindruckende impressionistische Landschaften wie Wälder, Küste oder Meer, das führende Protagonisten wie Sisley und Monet „plein air“, also im Freien malten. Die Faszination für Licht und Kontraste zeigt sich hier ebenso wie in den zahlreichen Arbeiten, die um das Phänomen Großstadt kreisen. Hier faszinieren Pissarros Ansichten breiter Pariser Boulevards ebenso wie Monets Eindrücke vom pulsierenden Leben in London, etwa auf der Waterloo Bridge, die der Franzose in mehr als vierzig Versionen festhielt.

Nur auf den ersten Blick nicht ganz so spannend sind die ausgestellten Menschenbilder der Sonderausstellung. Doch wer sich länger in die Porträts und Bildnisse von Berthe Morisot, Gonzalès und Renoir vertieft, entdeckt bald eine sensible Nähe von Modell und MalerIn, die psychologische Feinheiten in Szene setzt. So wie auch Cézannes „Badende“ neben dem zentralen Motiv einen neuen Umgang mit Form, Farbe und Raum erkennen lassen. Abgerundet wird „Impressionismus“, das ein erster Hamburger Auftakt zum kommenden Dänisch-deutschen Kulturellen Freundschaftsjahr 2020 ist, durch eine kleine Werkgruppe mit acht Gemälden von Paul Gaugin als kleinem Höhepunkt einer schon an sich hochkarätigen Ausstellung. Bilder wie „Die Weinlese“ oder „Die blauen Bäume“, entstanden 1888 bei einem Besuch van Goghs im südfranzösischen Arles, noch mehr aber das ein Jahr vor seinem Tod entstandene „Adam und Eva“ belegen Gaugins Ringen um Themen wie Tod und die Suche nach dem (verlorenen) Paradies.

 

Nach dem Tod ihres Mannes Wilhelm vermachte Henny Hansen die Sammlung und das vor den Toren von Kopenhagen liegende Anwesen Ordrupgaard 1951 dem dänischen Staat. Geknüpft war die Schenkung an die Auflage, Ordrupgaard in ein öffentliches Museum zu verwandeln. Dieses wurde 1953 eröffnet. Bis nächstes Jahr ist Ordrupgaard geschlossen; das Haus erhält einen neuen Anbau, um die ganze Fülle der Sammlung präsentieren zu können.

Alfred Sisley: Die Überschwemmung. Das Seineufer in Bougival. Ordrupgaard, Kopenhagen. Copyright Foto: Anders Sune Berg/PR
Alfred Sisley: Die Überschwemmung. Das Seineufer in Bougival. Ordrupgaard, Kopenhagen. Copyright Foto: Anders Sune Berg/PR

INFORMATION

Die Ausstellung „Impressionismus – Meisterwerke aus der Sammlung Ordrupgaard“ in der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall 5, Hamburg, ist noch bis 1. März 2020 zu sehen. Geöffnet ist das Kunstmuseum Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18, Donnerstag bis 21 Uhr. Der Eintritt kostet 14 Euro für Erwachsene. Donnerstag ab 17.30 Uhr nur acht Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren frei. www.hamburger-kunsthalle.de