Unterwegs im australischen Victoria: Von Koalas und Goldrausch

Koalas hautnah im Koala Conservation Center auf Philip Island. Foto: Chr. Schumann
Koalas hautnah im Koala Conservation Center auf Philip Island. Foto: Chr. Schumann

REPORTAGE Melbourne/Australien. Wenn die Sonne untergeht, erwacht der Südstrand von Phillip Island zum Leben. Kaum bricht die Dämmerung herein, spülen die Wellen des Südpazifik die ersten Nachtgäste an Land: Zunächst erscheint ein Zwergpinguin. Dann kleinere Gruppen der befrackten Meeresvögel. Schließlich sind es Hunderte, die sich erst mit einem Schütteln trocknen, um danach zielstrebig über den Summerland Beach zu ihren Bruthöhlen in den Dünen der rund zwei Autostunden südlich von Melbourne gelegenen Insel zu watscheln. Mehr als 4000 der kleinsten Pinguine der Welt sind auf der Urlaubsinsel zuhause, erklärt Pip Cleeland. Die Rangerin vom Team der Phillip Island Nature Parks begleitet uns an diesem Abend beim Pinguin-Parade genannten Naturschauspiel, das an 365 Tagen im Jahr stattfindet: „Bis zu 60 Kilometer schwimmen die Pinguine vor die Küste hinaus, um Futter für ihren Nachwuchs zu fangen“, so die aus Schottland stammende Biologin. „Sie fangen kleine Fische und tauchen dabei Tag für Tag bis zu eintausend Mal.“

Den abendlichen Heimweg der nur etwa dreißig Zentimeter großen Pinguine beobachten alljährlich mehr als eine halbe Million Gäste aus ganz Australien und Übersee – von offenen Zuschauerbühnen und seit kurzem auch von einem unterirdischen Panoramatunnel aus, in dem Naturfans sich quasi auf Augenhöhe mit den kleinsten Pinguinen der Erde befinden.

Die sogenannte Pinguin-Parade ist aber nicht die einzige spektakuläre Naturattraktion auf Phillip Island, das in diesem Jahr den 150. Jahrestag seiner Besiedlung durch europäische Einwanderer feiert: Im Koala Conservation Centre südlich des Ferienorts Cowes leben zwanzig der bedrohten Wildtiere. Experten schätzen, dass von einst Millionen Koalas heute in Australien nur noch 80.000 übrig sind. Auf zwei langen Baumwipfelwegen können Besucher die flauschigen Säugetiere, die sich ausschließlich von Eukalyptusblättern ernähren, aus nächster Nähe erleben. Meist dösen die nachtaktiven Koalas tagsüber aber vor sich hin und Glück gehört dazu, sie beim genüsslichen Essen zu beobachten.

 

Surfer Hotspots und Felsen

Begegnen kann man den Koalas aber nicht nur auf Phillip Island, sondern auch in anderen Regionen im südaustralischen Bundesstaat Victoria. In freier Wildbahn gelten die Landspitze Cape Otway und der kleine Ort Kennet River als sichere Geheimtipps. Schon wenige Meter abseits der Landschaftsroute, die als eine der schönsten Küstenstraße der Welt von Torquay im Osten über rund 400 Kilometer bis nach Nelson an der Grenze zum Bundesstaat South Australia führt, entdeckten wir bei einem Stopp gleich mehrere Koalas entspannt in den Baumwipfeln. Für die Entdeckung der Great Ocean Road sollte man sich mindestens zwei, besser drei oder vier Tage Zeit nehmen – allein Küstenorte wie Apollo Bay, Port Campbell oder Port Fairy mit ihrer aufregenden Geschichte als Sehnsuchtsort der ersten Auswanderer und Surfer-Hotspots von heute sind einen Besuch wert. Noch faszinierender aber ist Victorias raue Südküste selbst mit ihren dramatisch-schönen Steilküsten und vom Meer geschaffenen Felsformationen wie dem London Arch oder den Zwölf Aposteln. Frühes Kommen wird hier belohnt: Am schönsten glänzen die bis zu 45 Meter hohen Kalksteinsäulen im morgendlichen Sonnenlicht. Dann ist man am Pazifik auch fast noch allein mit sich und der Natur: ab dem späten Vormittag kommen mit den Tagestouren ab Melbourne dann die großen Besuchergruppen.

Endlose Weite von Meer und Strand an der Great Ocean Road in Victoria. Foto: C. Schumann
Endlose Weite von Meer und Strand an der Great Ocean Road in Victoria. Foto: C. Schumann

Noch näher als mit dem Auto kommt man Australiens Südostküste übrigens zu Fuß - auf dem gut 100 Kilometer langen Great Ocean Walk haben Wanderer zwischen Apollo Bay und den Zwölf Aposteln den Ozean fast immer im Blick. Mit etwas Glück lassen sich dann auf dem Meeresgrund zum Beispiel bei Loch Ard Gorge unweit von Port Campbell die Reste von Schiffswracks erkennen. Einige von ihnen stammen aus der Zeit des Victorianischen Goldrausches Mitte des 19. Jahrhunderts. Zehntausende Einwanderer strömten damals auf der Suche nach dem großen Glück nach Victoria – bis zum Ende der 1860er verdreifachte sich die Zahl von Australiens Einwohnern. Zentrum des Goldrausches war Ballarat, rund 150 Kilometer westlich von Melbourne: Unweit der heutigen Universitätsstadt fanden Farmer 1851 das erste Gold, rein zufällig. Wenige Jahre später wurde sogar der größte Goldfund aller Zeiten gemacht.

Harter Weg zum Reichtum

Im Freilichtmuseum Sovereign Hill am Rand von Ballarat können Besucher seit 1965 auf Zeitreise gehen: Staubige Straßen, mehr als 60 rekonstruierte Holzhäuser von der Hütte der Goldschürfer und Minenarbeiter bis zu Bank und Café, ja sogar intakte Minen mit Besucherbergwerk machen den „Goldtown“ zu einer der beliebtesten Attraktionen Australiens. Zu den spannendsten Momenten gehört das Goldwaschen am kleinen Bach. Minutenlang versuchen wir vergeblich mit eine Goldwaschpfanne und viel Wasser das glänzende Metall aus den unzähligen Kieselsteinen zu waschen. Goldschürfer James, einer der Laiendarsteller des Museums hilft uns mit Tipps auf die Sprünge: „Das Gold ist sieben Mal schwerer als die Steine und fällt bei geschicktem Drehen des Tellers durch die Steinachen nach unten.“ Und tatsächlich: Nach zwei oder drei Minuten lassen sich im zurückbleibenden, feinen Sand kleine Goldstückchen erkennen. Reich werden wir nicht, doch als Erinnerung taugt das 24-Karat-Gold allemal. „Nicht selten finden Hobbyschürfer sogar bis zu zahngroße Goldstücke“, weiß James. Und es klingt wie eine Aufforderung wiederzukommen.

 

Reiseinformationen

Der australische Bundesstaat Victoria ist der zweitkleinste auf dem Kontinent und liegt im Südosten. Mit 227.600 qkm ist Victoria fast so groß wie die alte Bundesrepublik. Insgesamt leben in Victoria 5,7 Mio. Menschen. Drei Viertel davon in und um die Metropole Melbourne. Die Landschaft der Region ist vielseitig und reicht von 1.600 km Küste am Südpazifik mit Felsküste und Sandstränden im Süden über 2.000 m hohe Berge im Osten, Hügel und Felder im Zentrum, bis hin zu Outback und Regenwald im Westen und Norden. Besonders beeindruckend ist auch Victorias Tierwelt mit Kängurus, Koalas oder Wombats, exotischen Vögeln wie Kakadus und Papageien sowie Walen im Meer.

 

Beste Reisezeiten sind Frühjahr und Herbst. Victoria liegt in einer gemäßigten Klimazone. Der australische Sommer dauert von Dezember bis März und bringt Tageshöchsttemperaturen von durchschnittlich 25 Grad Celsius. Der Winter von Juni bis August ist mild, die Temperaturen fallen selten unter null Grad. Ausnahme sind natürlich die Skigebiete in den Bergen.

 

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