Porträt Hamburg (cs). Wenn Wittus Witt zaubert, werden alltägliche Dinge magisch. Ob Jacke eines Zuschauers oder Tasche einer Zuschauerin – dem bekanntesten deutschen Zauberkünstler gelingt es, Unscheinbares faszinierend zu machen. „Mein Wunsch ist es bei jedem Auftritt, Alltagsgegenstände einen Zauber zu entlocken“, umreißt der Hamburger Magier seine Motivation, die ihn heute wie bei seinen ersten Aufauftritten vor fast fünf Jahrzehnten antreibt. Das Zaubern brachte sich der in Ostwestfalen als Hans-Jürgen Witt geborene Zauberer autodidaktisch bei. Seine Liebe zur bildenden Kunst führte nach dem Abitur zu einem Studium bei Joseph Beuys an der Kunstadademie in Düsseldorf. Nachdem der Aktionskünstler seine Professor verloren hatte, wechselte Witt an die Fachhochschule und wurde Designer.
Zauberei statt Studium – die ungewöhnliche Karriere von Wittus Witt
Noch vor Ende seines Studiums aber gelang Witt sein Durchbruch als Zauberer. 1975 trat Witt erstmas im WDR-Fernsehen als Zauberer auf. Das Besondere: Mehr als einhundert Mal zauberte der Künstler live mit Zuschauern, noch öfter war er weltweit in Shows zu sehen. Unvergessen auch seine eigene Fernseh-Zauberserie „Tele-Zauber mit Wittus Witt“ Mitte der 1990er Jahre. Dass Witt aber nicht allein Zauberer ist, sondern sein Herz ebenso für die Geschichte der magischen Kunst schlägt, können Besucher in Hamburg entdecken: Nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof entfernt liegt seit rund einenhalb Jahren das Zaubermuseum Bellachini. Das erste Museum für Zauber und Kunst hierzulande ist trägt den Namen des großen Zauberer Bellachini, bürgerlich Samuel Berlach (1827–1885), der im 19. Jahrhundert der berühmteste seines Fachs war. „Bellachini, in dessen Spuren noch etwa dreißig Zauberer gleichen Namens folgten, wollte ich eine Reverenz erweisen“, sagt Witt.
Wittus Witts Privatmuseum – hier dreht sich alles um Zauberei
Im historischen Privatmuseum, dessen Exponate bis auf wenige Leihgaben alle aus der riesigen Sammlung von Witt stammen, können kleine und große Besucher nun aber nicht nur über frühe Werbeplakate für Auftritte Bellachinis staunen. Auf wenigen Quadratmetern findet man zahlreiche faszierende Bücher über die Zauberkunst, das älteste von 1754. Oder Abbildungen früher Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, die Becherspieler auf dem Markt in Florenz zeigen. Fast zweihundert Jahre alt ist Witts ältester Zauberkasten von 1840. „Insgesamt besitze ich wohl zweitausend Zauberkästen aus aller Welt“, so Witt. Von denen aber nur einige der schönsten aus Frankreich, England und der einstigen Spielzeughochburg Nürnberg dauerhaft zu sehen sind. In einer der Schauvitrinen finden Zauberlehrlinge sogar eine Rekonstruktion des Zauberkastens, den Johann Wolfang von Goethe seinen Enkeln zu Weihnachten schenkte. Zauberei sei ein „herrliches Mittel zur Übung freier Rede und Erlangung einiger körperlicher und geistiger Gewandtheit!“, wusste der Dichterfürst. Der selbst gar nicht zaubern konnte. Doch Goethes Charakterisierung der Zauberkunst kann Wittus Witt noch heute unterstreichen: „Wer vor und mit Menschen zaubert, übt Selbstsicherheit und Displizin. Man muss sein Publikum lenken können – also Führungsqualitäten haben.“ Nur so würden die handgemachten Illusionen zu Zauberei. Witt: „Das Wunder der Zauberei entsteht in den Köpfen.“ Im Kern gehe es allen Zauberern darum, die Phantasie anzuregen, so Witt: „Denn natürlich weiß jeder, dass beispielsweise ein zerschnittenes Seil nie wieder zusammenzufügen ist. Oder dass auch ein Zauberer ein Messer nicht wirklich schlucken kann.“ Doch genau dieser Hauch von Geheimnis fasziniert auch heute noch Menschen aller Generationen, weiß Witt, der zahlreiche Zauber-Bücher geschrieben hat, sechsmal im Jahr eine Zauber-Zeitschrift herausgibt und Verfasser des Online-Zauber-Pedias mit mehr als 3000 Biografien von Künsterlinnen und Künstlern, Zaubergeschichte und -gebriffen von Abradadabra bis Zwei-Männer-Trick ist. Genau diese Faszination kombiniert mit einem Hauch Nostalgie macht auch den Besuch im Zaubermusem lohnenswert.
Das Zaubermuseum Bellachini
Das Zaubermuseum Bellachini hat Donnerstag bis Sonntag sowie an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt 12,50 Euro für Erwachsene, Jugendliche bis 16 Jahren und Gruppen ab 6 Personen 8,50
Euro p.P. In der Regel führt Zauberkünstler und Museumsdirektor Wittus Witt selbst durch seine Sammlung. Neben der festen Sammlung zeigt das Haus regelmäßig Sonderausstellungen. Die Sonderschau
„Zauberkunst in Frauenhänden“ läuft noch bis 31. Oktober. Sie macht erstmals die lange Tradition der oft vergessenen Zauberkünstlerinnen in Form von Plakaten bis Filmen sichtbar. Jeden
Freitagabend lädt Witt zu einer eigenen Zaubervorstellung – da es nur 20 Plätze gibt, ist eine Anmeldung ratsam. Hansaplatz 8, 200999 Hamburg, www.hamburger-zaubermuseum.com.
Idee, Recherche, Text und Fotos: Christoph Schumann, Hamburg, 2024. Stand: Frühjahr 2024