Greenkayak: Was im Wasser übrig bleibt

Ein Greenkayak im Einsatz im Hafen von Kopenhagen – die Idee der Greenkayaks kommt aus Dänemark. Foto: Greenkayak/PR
Ein Greenkayak im Einsatz im Hafen von Kopenhagen – die Idee der Greenkayaks kommt aus Dänemark. Foto: Greenkayak/PR

Von Christoph Schumann

 

Hamburg/Kopenhagen (Reportage). Mit zwei starken Schlägen löst sich unser grünes Zweierkajak vom Steg der „Gondel“. Einige Meter schwanken wir leicht hin und her, dann liegt das offene Kunststoffboot sicher auf dem Osterbekkanal. Knapp zwei Stunden auf Hamburgs beliebten Freizeitgewässern liegen vor uns – vorausgesetzt, wir schaffen die große Runde auf den historischen Kanälen, die in Barmbek einst Lebensadern zur Versorgung der umliegenden Fabriken waren, dann weiter zum Freizeiteldorado Stadtparksee in Winterhude und über die Alster zurück zur Bootsvermietung Dornheim. „Aber es geht ja nicht um die Länge, sondern um die Menge“ hatte Oke Carstensen vor dem Bordgang gesagt. Oder anders gesagt: Paddelvergnügen darf zwar auch zur sommerlichen Wassertour gehören, doch einen wichtigen Nebenaspekt dürfen wir Freizeitsportler nicht aus dem Auge verlieren – das Finden und Aufsammeln von Müll.

Müll wird zunehmend zum Problem

Denn Müll gehört auf allen Küsten- und Binnengewässern zu den wachsenden Problemen. Europa- und weltweit. Besonders der kaum verrottende Plastikmüll. „Das ist meinem Kompagnon Tobias Weber-Andersen bei seinen Ausflügen in Kopenhagen in der letzten Jahren immer öfter aufgefallen“, sagt der aus Bredstedt stammende Carstensen, der seit seinem Studium an der Copenhagen Business School in der dänischen Hauptstadt lebt. Dreizehn Jahre lang leitete Weber-Andersen eine Kajakschule am Børskaj unmittelbar neben der alten Börse von Kopenhagen. „Tobias begann, den schwimmenden Müll auf seinen Touren einzusammeln und später zu entsorgen“, so der 29-jährige Carstensen. Bis es dem Kajak-Profi im wahrsten Sinn des Wortes zu viel wurde – und er sein „Hobby“ zur Lebensaufgabe machte. 2017 gründete der engagierte Umweltschützer GreenKayaks und startete von der Øresundmetropole aus seine ungewöhnliche Initiative: Auf möglichst vielen Küstengewässern, Häfen, Flüssen und Kanälen in Europa und vielleicht demnächst auch in Übersee sollen die grünen Kajaks kostenlos von interessierten Wassersportlern geliehen werden können. Einzige Voraussetzung: Sie sammeln unterwegs den Müll auf, der Wasser oder Ufer verschmutzt.

Unterwegs mit einem GreenKayak auf dem Osterbekkanal in Hamburg-Barmbek: Jan Dube von der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie (vorn) und Oke Carstensen. Foto: Christoph Schumann, 2020
Unterwegs mit einem GreenKayak auf dem Osterbekkanal in Hamburg-Barmbek: Jan Dube von der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie (vorn) und Oke Carstensen. Foto: Christoph Schumann, 2020

Auf und um den populären Stadtparksee als Herz eines der größten Freizeitareale Hamburgs tummeln sich in diesen Nach-Corona-Tagen zahlreiche Sonnenhungrige. Während uns Ruderboote und SUP-Paddler umkreisen fischen wir eine Folie und eine Flasche aus dem Wasser. Nicht viel in einer Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern, denke ich. Mitfahrer Jan Dube bestätigt aber meinen Eindruck: „Hamburgs Gewässer sind in den letzten Jahren deutlich sauberer geworden“, sagt der Mann von der Umweltbehörde, die als lokaler Sponsor die GreenKayaks für zunächst drei Jahre unterstützt. In Berlin etwa fördert ein dänischer Brauereikonzern die Müllsammler und ihr kostenloses Angebot.

 

Alle in einem Boot, dem Greenkayak

Als wir einen Schlenker via Alster zurück in den Osterbekkanal nehmen, überlege ich, wer das Angebot der GreenKayaks wohl nutzt und wer die Zielgruppe ist? „Die Mehrheit der PaddlerInnen sind jünger, so zwischen zwanzig und dreißig Jahren“, weiß Oke Carstensen. Doch nicht selten seien auch ältere Wassersportler vom Gedanken an mehr Nachhaltigkeit und Sauberkeit so begeistert, dass sie ebenfalls mit anpacken möchten. Wie erfolgreich der eigene Einsatz war, erfahren alle GreenKayak-NutzerInnen übrigens gleich nach dem anlegen - so wie wir: Nach dem Anlegen am Kai der „Gondel“ nimmt Arne Kübitz von der Bootsvermietung Dornheim, die sich ehrenamtlich um das Handling von Gästen und Kajaks kümmert, unseren Eimer in Empfang und wiegt das Ergebnis aus. Zwar kommen nur einige hundert Gramm zusammen. Doch im Lauf des Sommers summiert sich das Wenige zu einer beachtlichen Größe: im letzten Jahr waren es mehr als 3000 Kilo.

HINTERGRUND: Die GREENKAYAKS

 

Die GreenKayaks erblickten 2017 in Kopenhagen das Licht der Welt. Anfangs konnten die von Initiator Tobias Weber-Andersen erfunden Boote nur in der dänischen Hauptstadt sowie in Aarhus, Aalborg und einigen anderen Orten Dänemarks gemietet werden. Seit Hamburg mit der zuständigen Behörde für Umwelt und Energie als Förderer für zunächst drei Jahre im Frühjahr 2019 als europäischer „Brückenkopf“ die ersten der grünen Kajaks auf Alster und Kanälen förderte, findet die dänische NGO in immer mehr Ländern Freunde. In Deutschland gibt es die GreenKayaks jetzt auch in Berlin. Darüber hinaus ist das Umweltprojekt nun auch in Norwegen, Irland und seit diesem Juli erstmals in Schweden vertreten.

Aufgrund der Coronavirus-Krise begann die Saison in diesem Jahr in Hamburg erst spät im Mai. Dennoch liegen für den kommenden Monat – länger im Voraus können die GreenKayaks nicht reserviert werden – bereits 500 Buchungen für die insgesamt sechs Kajaks vor. Wie erfolgreich die Umweltidee ist, beweisen die Zahlen aus dem letzten Jahr: In der Saison 2019 wurden die Boote insgesamt 936 Mal gebucht. Sie waren 3.744 Stunden auf Hamburgs Gewässern unterwegs. Es wurden insgesamt 3.166 kg Müll von 1.872 Paddlerinnen und Paddlern aus der Alster, den Kanälen, der Goose-Elbe und der Bille gefischt - das sind 3,5 kg Müll pro Tour.

 

In Hamburg können bei folgenden Vermietungen GreenKayaks ausgeliehen werden: Zur Gondel, Kaemmererufer 25; SUP CLUB Hamburg, Isekai 1, Bootshaus Bergedorf, Schillerufer 41, Paddel-Meier, Heinrich-Osterath-Straße 256 sowie bei der Segelschule Käpt‘n Prüsse, An der Alster 47; Hansa Steg, Schöne Aussicht 20a.

 

Die robusten grünen Zwei-Personen-Boote können ohne Vorerfahrung genutzt werden. An Bord sind neben zwei Schwimmwesten, einem Eimer und zwei Müllgreifern auch eine Gewässerkarte und ein Infoflyer mit Hinweisen dazu, welche Bereiche nicht befahren werden sollten, um Vögel oder sensible Pflanzen zu schützen. Nach der Tour wird die gesammelte Müllmenge gewogen und registriert. Unter den Hashtags #greenkayak und #sauberesachefürhamburg sollen Gäste anschließend ihre Erfahrungen über die Paddeltouren teilen.

Buchungen sollten aufgrund der großen Nachfrage immer vorab online erfolgen unter www.greenkayak.org bzw. https://bookings.greenkayak.org. Die Mietdauer beträgt maximal zwei Stunden.

 

Stand meiner Recherche: 2020