Ein Kreuz fällt vom Himmel – der dänische Dannbrog wird 800 Jahre alt

Dänemarks Nationalflagge weht gern in den Dünen – der Dannebrog auf Bornholm. Foto: VisitDenmark/Niclas Jessen
Dänemarks Nationalflagge weht gern in den Dünen – der Dannebrog auf Bornholm. Foto: VisitDenmark/Niclas Jessen

Vordingborg/Kopenhagen. Die älteste Flagge der Welt feiert in wenigen Wochen ihren 800. Geburtstag. Der dänische Danneborg fiel der Sage nach genau am 15. Juni des Jahres 1219 während der Schlacht von Lydnanisse vom Himmel und verhalf dem dänischen König Valdemar II. zum schon verloren geglaubten Sieg über die ungläubigen Esten. Der Monarch nämlich war der Überlieferung nach im Auftrag von Papst Innozent III. mit nicht weniger als 1.500 Langbooten und in Begleitung der Bischöfe Anders Sunesen und Theodorik von Estland sowie Witslaw I. von Rügen ins heutige Tallinn aufgebrochen – offiziell zur Unterstützung des fünften Kreuzzugs nach Palästina, inoffiziell zur Unterwerfung der heidnischen Balten.

Wertvolles Rot

Die estnische Burg – das spätere Castrum Danorum – war schon eingenommen, als die Esten am 15. Juni unerwartet zurückschlugen und die Besetzer vertrieben. Erst als sich wie ein Zeichen der Himmel öffnete und eine riesige rote Flagge mit weißem Kreuz auf die Erde fiel, schöpften die Männer um Fürst Witslaw neue Hoffnung, schlugen zurück und besiegten die Esten schließlich doch. „Die Symbolik dahinter ist deutlich“, sagt Nanna Holm. „Sie unterstreicht, dass das Geschehen ein gerechter, ein heiliger Krieg ist.“ Das Kreuz sei ein Zeichen, dass Valdemar und die Tempelritter im Namen Gottes handelten, so die studierte Archäologin von Dänemarks Burgcenter in Vordingborg. Im Hafenort auf Seeland erreichte die Flagge erstmals das nordische Königreich. Dort findet am 15. Juni auch ein großes Volksfest mit Musik und Aktivitäten für Jung und Alt statt. Die rote Farbe zeige Macht und Reichtum, so Mittelalterexpertin Holm weiter. Denn Rot sei damals eine besonders teure und seltene Farbe gewesen, die nur aus dem mediterranen Färberkrapp pflanzlich hergestellt werden konnte.

Heute gilt der Dannebrog – die „Fahne der Dänen“ – als älteste durchgehend verwendete Nationalflagge. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war ihr Gebrauch Königshaus, Adel oder Militär vorbehalten. „Erst seit 1854 dürfen alle DänInnen den Dannebrog nutzen“, sagt Nanna Holm. Heute sei er eine echte Jedermann-Flagge, die an Geburtstagen, bei Hochzeiten, bei Einschulungen, Beerdigungen, Sportfesten und vielen anderen Anlässen gehisst werde. Und natürlich an offiziellen Flaggentagen wie dem 16. April zum Wiegenfest von Königin Margrethe II., an Neujahr, Ostern und Weihnachten, dem Verfassungstag (Grundlovsdag, 5. Juni) oder an ausgewählten Geburtstagen anderer Mitglieder des Königshauses.

 

Feste Flaggenregeln

Für die Verwendung des Danneborg gibt es natürlich feste Regeln. So darf die Flagge beispielsweise beim Hissen am Morgen bei Sonnenaufgang, allerdings nicht vor acht Uhr. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Dannebrog beleuchtet ist. Abgenommen wird sie bei Sonnenuntergang und darf dabei den Boden nicht berühren. Nachts darf der Dannebrog nicht wehen, denn es heißt, wer nachts flaggt, der flaggt für den Teufel, „man flager for fanden“ – und das wollen die Nachfahren der Wikinger selbstverständlich nicht. Anders als der große Dannebrog darf ein kleiner dänischer Wimpel übrigens vierundzwanzig Stunden lang ohne Pause am Mast wehen, ob am eigene Heim oder am Ferienhaus. Zum Respekt dem Dannebrog gegenüber gehört übrigens auch, dass man eine verschlissene, verblichene oder schmutzige Flagge baldmöglichst auswechselt. Ausnahmen werden nicht geduldet, weiß Nanna Holm. Anders als andere kritische Stimmen behaupten, findet die Historikerin auch nicht, dass der Dannebrog an Beliebtheit verliert. „Ich glaube, dass alle DänInnen stolz sind auf den Dannebrog“, sagt Holm. „Der Flaggenmast gehört fest zur Ausstattung dazu.“ Die 800 Jahre alte Fahne sei im besten Sinn des Wortes volkstümlich.

Dünenlandschaft in Nordseeland. Foto: VisitDenmark/Niclas Jessen
Dünenlandschaft in Nordseeland. Foto: VisitDenmark/Niclas Jessen

Tipps

Am Wochenende vom 14. bis zum 16. Juni schwenkt ganz Dänemark die Flagge: In den Städten des Landes feiern unsere nördlichen Nachbarn mit Festen und Flaggenparaden das große Jubiläum. Urlauber sind natürlich herzlich eingeladen mitzufeiern. Bereits am 10. Juni startet in Südschleswig (Husum) eine Fahrradstaffel mit Ziel Kopenhagen. Dort wird der Dannebrog am 15. Juni zu den Feierlichkeiten in der Landeshauptstadt an Prinz Joachim übergeben. Seine Mutter, Königin Margrethe II., feiert derweil beim offiziellen Staatsempfang in Estland: Im heutigen Tallinn fiel die dänische Flagge einst der Sage nach in der Schlacht der Dänen gegen die Esten vom Himmel. Das Kronprinzenpaar Frederik und Mary wiederum feiert mit dem dänischen Volk in Vordingborg in Südseeland. Von hier aus startete König Waldemar II. in die entscheidende Schlacht von 1219. Der Kreis schließt sich mit den Feierlichkeiten in Südjütland am 16. Juni – auf der Kongehøj (dt. Königshöhe) in der süddänischen Region wurde die Flagge einst zum ersten Mal dem dänischen Volk präsentiert.

 

Höhepunkt der Feste zum 800. Jahrestag der dänischen Nationalflagge ist ein Fest rund um Dänemarks Burgcenter in Vordingborg am 15.6.2019. Das detaillierte Programm steht noch nicht fest. Das Borgcenter zeigt gleichzeitig eine Sonderausstellung zum Dannebrog. Führungen gibt es auch in deutscher Sprache. www.danmarksborgcenter.dk/de

 

Sehenswert ist auch die Sonderschau in Dänemarks Plakatmuseum in Aarhus: „Folkets Flag“, dt. Volksflagge, mit rund 140 historischen Plakaten. (bis 11.8.2019).

www.danskplakatmuseum.dk