Copenhagen Light Festival: Licht ins Dunkel des winterlichen Kopenhagen

Illuminiert sind auch Kopenhagens historische Börse und Schloss Christiansborg. Foto: C. Schumann, 2020
Illuminiert sind auch Kopenhagens historische Börse und Schloss Christiansborg. Foto: C. Schumann, 2020

REPORTAGE Kopenhagen. Ein dunkler Februarabend in Kopenhagen. Der Winter hat die dänische Hauptstadt voll in seinem Griff, sanft kriecht der Wind durch den Schal unter unsere Jacken. Zügig folgen wir dem Hafenbecken von Nyhavn und überqueren die Brücke Inderhavnsbroen hinüber auf die andere Hafenseite zum Viertel Nordatlantens Brygge. Bunt strahlen die einstigen Packhäuser, in denen viele Jahre mit dem Noma das beste Restaurant der Welt zuhause war, im Lichterschein. Wer hatte gerade gesagt, es wäre dunkel in der dänischen Hauptstadt? Noch wenige Schritte auf dem Takkeloftvej am Wasser entlang, dann ist das Ziel erreicht: der Platz vor Louis Poulsen am Kuglegårdsvej, der nur wenige Schritte entfernt von Kopenhagens neuer Oper liegt.

Etwa zwanzig Gleichgesinnte haben sich im bunten Licht der „Chromatic Fields“ von Künstler Jakob Kvist vor dem Showroom des bekannten Lampenherstellers versammelt. Und Jesper Ravn – unser Licht- und Kunst-Guide für einen Abend, der uns zu einigen Highlights des Copenhagen Light Festivals führt. Der studierte Architekt und Lichtdesigner erklärt gleich zu Beginn den besonderen Wert, den Helligkeit in Skandinavien hat: „Das Licht spielt im Norden eine ganz besondere Rolle. Die scheinbar endlose Helligkeit der Mitternachtssonne im Frühsommer. Aber auch die ebenso endlosen Nächte im skandinavischen Winter. Und auch den Sonnenuntergang findet man so nur auf der nördlichen Halbkugel. Anders als im Süden Europas oder gar in Afrika vollzieht sich der Übergang von Helligkeit zu Dunkelheit langsam – manchmal dauert es fast eine Stunde, ehe Hell zu Dunkel wird oder umgekehrt. DänInnen lieben diese Dämmerung. Dagegen wirkt die Sonne am Äquator fast wie ›ausgeknipst‹, wenn es in Minutenschnelle nächtlich schwarz wird.“

 

Hier leben Menschen

Die Gruppe folgt derweil der Hafenfront von einem Lichtkunstwerk zum nächsten. Erster Stopp ist „The Ice is Melting at the Pøules“ von Martin Ersted an der Strandgade, ein regenbogenfarbenes Fassenden-Schauspiel, untermalt von Musik. Erst hier fällt auf, warum die dänische Øresundmetropole für ein Winterfestival wie das Copenhagen Light Festival wie gemacht ist: „In Kopenhagen kann man von jedem Punkt aus den dunklen Nachthimmel mit Sternen und Mond sehen – das steht sogar in unserer Kommunalverordnung“, sagt Jesper Ravn. Wie bewusst und sparsam Kopenhagen künstliches Licht auch an anderen Stellen einsetzt, erläutert der Experte auf der gegenüberliegenden Hafenseite. Während wir der Hafenpromenade Richtung Brücke Knippelsbro zum nächsten Kunstwerk folgen, deutet Ravn immer wieder in die Seitenstraßen. Die Beleuchtung der Straßen sei in Kopenhagen bewusst anders als im übrigen Europa: „Die Lampen hängen meist mittig, zentral über dem Weg. Ihr Licht ist sanft und nicht grell.“ Der entscheidende Vorteil: So bleiben die Hausfassaden dunkel, das gemütliche Licht aus den Wohnungen dafür aber sichtbar. „Passanten erleben, dass dort Menschen wohnen und sich drinnen Leben abspielt – man ist als Fußgänger oder Flaneur nicht allein“, so Ravn.

 

You are still here

Derweil erreichen wir den „Light Garden“ von Hans E. Madsen mit seiner Vielzahl an Pendelleuchten. Allmählich nimmt die Dichte der Lichtwerke zu. Rechts ist das Renaissancegebäude der alten Börse zu sehen, illuminiert in faszinierendem Blau und Grün. Weiter zurück erstrahlt der Turm von Schloss Christiansborg, dem Sitz des Parlaments Folketing, dank der Installation von Jesper Kongshaug in einem intensiven Blau. Uns zieht es wieder auf die andere Hafenseite, von der der Schriftzug „You Are Still Here ...“ der Lichtdesignerin Anita Jørgensen an der Fassade des Außenministeriums am Platz Asiatisk Plads weithin sichtbar mahnt. Unter der Brücke Langebro ist dann das Lichtkunstwerk „The Orb“ von Camilla Brix Andersen zu entdecken, das aus zwölf recycelten Fahrradrädern und anderen Materialien entstanden ist. Weithin sichtbar strahlt die Lichtskulptur „Phosphor“ an der Jugendherberge Danhostel am H.C. Andersen Boulevard. Nun sind es nur noch wenige Schritte bis zu Fußgängerbrücke Bølgen an der Kalvebod Brygge – und einem heißen Getränk zum Aufwärmen. „Eternal Sunddown“ heißt das letzte Licht-Highlight unserer Tour, das Mads Vegas wie einen vielfarbigen Gang auf dem Wasser inszeniert.

Hintergrund und Info

Das Copenhagen Light Festival findet seit 2018 immer im Februar in Kopenhagen statt. Schwerpunkt der Lichtinstallationen ist der Hafen mit seiner architektonischen Vielfalt. Die rund 40 Lichtkunstwerke erstrahlen in der Regel abends zwischen 18 und 22 Uhr und können frei besichtigt werden. Geführte Touren mit Experten dauern rund zwei Stunden und sind für ca. 200 DKK (ca. 30 Euro) p.P. buchbar. Sprache Englisch o. Dänisch. Geführte Touren mit einem Boot durch Kopenhagens Hafen kosten 125 DKK (ca. 17 Euro) und dauern rund 45 min.

Das ganze Programm des Copenhagen Light Festival 2020 vom 1. bis 23. Februar , Highlights, Touren und mehr gibt es auf www.copenhagenlightfestival.org.