REPORTAGE Pinneberg/Flintbek (cs). Ein Tortenheber, der Kuchen ohne umzufallen auf den Teller bringt. Eine Gummimanschette, die verhindert, dass Kaminholz beim Spalten vom Bock auf den Boden fällt. Ein Bett-Schalfsystem, das Lattenrost und Matratze zu einer Einheit vereint. Ein Wasserrad, das aus Modulen zusammengesetzt ist, die sich je nach Einsatzort und Größe einsatzgenau anpassen lassen. Oder ein Kühlschrank, der verderbliche Lebensmittel über das angegebene Haltbarkeitsdatum genießbar macht – und so der Verschwendung von Nahrungsmitteln vorbeugt. Das sind nur einige der Ideen, die der Erfinderclub Schleswig-Holstein e.V. hervorgebracht hat. „Sagen Sie bloß nicht, wir wären Tüftler“, warnt mich Hartmuth Drews gleich bei der Begrüßung mit einem Augenzwinkern. „Wir sind nämlich keine Nerds oder Verrückten, sondern eher Entwickler“, ergänzt der gelernte Bauingenieur. Um mich ohne Umschweife in seine Welt zu entführen: die Ideenwerkstatt im Keller. „Haben nicht alle Erfinder ihr Reich im Keller oder in der Garage?“, fragt Drews, der als zweiter Vorsitzender des Erfinderclubs von Pinneberg-Waldenau aus mit lenkt. „Auch so ein Klischee, das selten bis nie zutrifft.“
REPORTAGE
Hamburg (cs). „Für uns ist es wie übermorgen.“ Wenn Thomas Dehling in seinem Büro an der Bernhard-Nocht-Straße in diesen Wochen an sein wichtigstes Projekt denkt, ist dem Abteilungsleiter für Nautische Hydrographie ein kleines Zögern anzumerken. Und ein wenig auch der Druck, der auf dem 60-Jährigen und seinem Team lastet, bis Anfang 2026 eines der bislang größten Vorhaben des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) umzusetzen: die Entwicklung und Bereitstellung einer neuen Generation von elektronischen Seekarten. „Die aktuellen Karten, die wir für Berufsschiffer und Freizeitkapitäne bereitstellen, ist rund fünfundzwanzig Jahre alt“, sagt der Ingenieur für Vermessungswesen. „Und damit längst zu alt und ungenau für die Anforderungen, die die zunehmend komplexe Schifffahrt heute zu bewältigen hat.“
Christoph Schumann
PORTRÄT WISSENSCHAFT Osnabrück/Hamburg (cs). Hilflos steht die Achtjährige auf der Straße vor dem Haus ihrer Familie. Flammen und Rauch schlagen empor. Und während das Feuer lodert, rufen Mutter und Kuscheltiere laut aus dem Fenster um Hilfe. Nicht immer träumen Kinder so bildstark wie die Achtjährige, die Katharina Lüth von ihrem Albtraum berichtet hat. „Junge Menschen haben ähnliche Träume wie Erwachsene“, sagt die Kognitionswissenschaftlerin, die an der Universität Osnabrück zu Träumen forscht. Oft gehe es um Gefühle und Emotionen oder um soziale Beziehungen in der Familie, zu Freunden oder im Beruf. „In solchen Fällen sind Träume eine Art Simulation des ›echten‹ Lebens und verarbeiten beispielsweise Probleme, für die man eine Lösung sucht und manchmal auch findet“, so die 34-jährige Expertin.
REPORTAGE Hamburg (cs). Ein langer Weg liegt hinter Nadine Schindel. Anfangs waren es über viele Wochen erste Schritte in der eigenen Wohnung. An diesem Dienstag im Vorfrühling wagt sich die 28-Jährige in Begleitung ihrer Helferin zum ersten Mal nur mit ihrer Gehhilfe hinaus auf den Gemeinschaftsflur im sechsten Stock von Festland. Wegen eines frühkindlichen Hirnschadens ist die junge Frau seit vielen Jahren eigentlich auf einen Rollstuhl angewiesen, um den Alltag bewältigen zu können. Eine spastische Lähmung beeinträchtigt vor allem Schindels Gehen, immer wieder verspannen sich ihre Muskeln nahezu ohne Vorwarnung. Umso ungestümer freut sich die chronisch kranke Frau heute – nicht zuletzt über ihre Entscheidung, in eines der ungewöhnlichsten Wohnprojekte Deutschlands eingezogen zu sein: „Festland ist großartig.“
PORTRÄT Hamburg (cs). Gut gelaunt kommt Peter Ostendorf jeden Tag um zehn Uhr in seine Praxis im Hamburger Nordwesten. Und wenn man den Arzt so von Behandlungszimmer zu Behandlungszimmer durch die langen Gänge der Poliklinik laufen sieht, muss man sagen: auch voller Tatendrang. Dabei verdient der gelernte Internist mit seinem Enthusiasmus kein Geld. Und eigentlich könnte der ehemaliger Chefarzt ebenso gut auch zuhause entspannt ein Buch lesen oder im warmen Süden seine Frezeit genießen. Denn mit 86 Jahren ist der gebürtige Westfale längst im besten Pensionsalter. Doch das Alter ist für den langjährigen Professor am katholischen Marienkrankenhaus in Hamburg überhaupt kein Grund, kürzer zu treten: „Ich habe mich immer an das gehalten, was ich meinen Patienten rate: Nehmen Sie sich etwas vor, wenn die Rente naht. Starten Sie ein neues Projekt, seien Sie aktiv und bleiben Sie interessiert.“ Und was den zugewandten Arzt noch mehr antreibt: „Ich wollte immer etwas von dem Glück zurückgeben, das mir das Leben geschenkt hat.“
Porträt Hamburg (cs). Wenn Wittus Witt zaubert, werden alltägliche Dinge magisch. Ob Jacke eines Zuschauers oder Tasche einer Zuschauerin – dem bekanntesten deutschen Zauberkünstler gelingt es, Unscheinbares faszinierend zu machen. „Mein Wunsch ist es bei jedem Auftritt, Alltagsgegenstände einen Zauber zu entlocken“, umreißt der Hamburger Magier seine Motivation, die ihn heute wie bei seinen ersten Aufauftritten vor fast fünf Jahrzehnten antreibt. Das Zaubern brachte sich der in Ostwestfalen als Hans-Jürgen Witt geborene Zauberer autodidaktisch bei. Seine Liebe zur bildenden Kunst führte nach dem Abitur zu einem Studium bei Joseph Beuys an der Kunstadademie in Düsseldorf. Nachdem der Aktionskünstler seine Professor verloren hatte, wechselte Witt an die Fachhochschule und wurde Designer.
Christoph Schumann
PORTRÄT Hamburg (cs). Wenn Mischa Gohlke zur Gitarre greift und die ersten Akkorde schlägt, hört er manchmal jeden Ton. Dann aber gibt es Tage, an den der Hamburger sein eigenes Instrument und den Bass und die Drums seiner Bandmitglieder nur ganz entfernt wahrnimmt. „Vor allem der Gesang bleibt dann diffus und weit weg – für mich ist meine Musik dann eine Art Klangbrei“, beschreibt der 43-jährige die Kontraste, die der Profimusiker in Proberaum und auf der Bühne regelmäßig erlebt. Gegensätze, die für den Gitarristen und Bandleader im wahrsten Sinn des Wortes akustische Höhen und Tiefen sind. Anders hat Gohlke die Hörseite des Lebens nie kennengelernt: Der Musiker, der auch als Kultur- und Medienmanager, Dozent, Redner, Autor, Aktivitst und Inklusionsbotschafter aktiv ist, kam nahezu gehörlos zur Welt. „Das fiel erst auf, als ich nicht wie die anderen Kinder zu sprechen begann“, schildert Gohlke die ersten Jahre. Erst starke Hörgeräte schafften mit zweieinhalb Jahren Abhilfe. Gohlke entdeckte die Welt neu. „Heute höre ich dank meiner Hörapparate maximal etwa sechzig bis siebzig Prozent dessen, was Normalhörende mitbekommen“, schätzt Mischa Gohlke.
PORTRÄT Hamburg (cs). Ein trüber, regnerischer Freitagmorgen im Januar dieses Jahrs. Der Weg von der Bushaltestelle zur Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg führt vorbei an Apparmenthäusern aus den 1970er Jahren, alten Villen, einem Seniorenheim und einer Pension. Still ist es, außer einigen Bauarbeitern ist auf dem knapp einen Kilometer langen Fußweg im Westen der Hansestadt niemand zu sehen. Als linkerhand der hohe Zaun rund um das parkartige Gelände der militärischen Hochschule auftaucht, sind es nur noch wenige Schritte bis zum Haupteingang der Clausewitz-Kaserne: Der zwischen 1933 und 1936 in Blankenese errichtete Standort ist seit fast siebzig Jahren die wichtigste militärische Ausbildungsstätte für die Aus-, Weiter- und Fortbildung der Bundeswehr.
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg (cs). Wenn die Glocken von Sankt Michaelis läuten, beginnt für viele ein Ritual: Das Läuten der Hamburger Hauptkirche ist der traditionelle Auftakt zu einer der traditionellsten Radiosendungen des NDR – dem „Gruß an Bord“ an Heiligabend. Genau siebzig Jahre ist es her, dass die Kultsendung zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, mit der Familien und Freunde Seeleute auf allen Weltmeeren grüßen lassen. Und so über tausende Kilomter hinweg auf eine ganz besondere Art Nähe und Zusammenhalt herstellen konnten und können. Als „Gruß an Bord“ am Heiligen Abend 1953 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, geschah dies noch über Norddeich Radio, eine Seefunkstation in Ostfriesland.
PORTRÄT Hamburg (cs). Seit fünfzehn Jahren gibt es die Hörzeitung „Dat Hörblatt“ – erfunden hat Deutschlands einziges Hörmagazin auf Platt für Blinde, Nichtsehende und Sehbehinderte der Hamburger Gerd Feldhusen
Von Christoph Schumann
„Eegentlich wull ik Paster warrn“, lacht Gerd Feldhusen. Und zitiert damit gleich am Anfang unseres Gesprächs in der heimischen Gartenwohnung im Hamburg-Eidelstedt den Titel seiner vor rund zwanzig Jahren aufgeschriebenen Erinnerungen an die Kindheit an der Nordsee. Gleichzeitig reist der pensionierte Kriminalpolizist damit aber auch eine Lebenslinie, der der heute 84-Jährige seit seinen Kindheitstagen folgt: dem Plattdeutschen. Und da ich, obwohl ›vorgewarnt‹, als Quiddje – sprich: Zugezogener und Hochdeutschsprechender – leicht fragend schaue, übersetzt Feldhusen schnell: „Ich wollte eigentlich mal Pastor werden.“
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg (cs).Still steht ein Graureiher im flachen Wasser des Mühlenteichs und genießt die Vormittagssonne. In Ufernähe schwimmt eine Entenfamilie mit ihren Jungen, immer in Reichweite des sicheren Nests. Erst wenige Schritte sind Hannelore Fielitz und ich von unserem Treffpunkt am S-Bahnhof Hamburg-Ohlsdorf auf dem Alsterwanderweg gegangen und schon wirkt es, als lägen Großstadtlärm und -hektik bereits Stunden hinter uns. „Der Alster von hier nach Norden zu folgen, gehört für mich zu den schönsten Wanderungen Hamburgs“, sagt die 67-Jährige. „Denn sobald man unter der Brücke am Ratsmühlendamm die Hektik der quirligen Viertel Fuhlsbüttel und Ohlsdorf hinter sich lässt, taucht man ein in den Blätterwald am Fluss und ist ganz von Natur umgeben.“
Von Christoph Schumann
PORTRÄT Hamburg (cs). Kiezgröße? Nein, dazu gehöre er nun wirklich nicht, sagt Karl Schultz. „Obwohl mich natürlich fast jeder hier auf Sankt Pauli kennt.“ Kein Wunder, denn das ›Haus‹ des 65-Jährigen liegt direkt an der Großen Freiheit 43, gleich gegenüber vom berühmten Musikclub „Große Freiheit 36“. Und zum Freundeskreis des umtriebigen Schultz gehören auch bekannte Kiezlegenden wie Dragqueen Olivia Jones, deren Bar nur wenige Schritte entfernt liegt, oder Impressario Corny Littmann, dessen „Schmidts Tivoli“ noch heute für die Neuerfindung des weltbekannten Rotlichtviertels als Club- und Musikviertel steht.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT Uetersen (cs). Kaum habe ich die Tür zum Fabrikshop im zweistöckigen Klinkerbau geöffnet, umweht mich der angenehme Geruch von weichem Leder. Im Geschäft fällt der Blick auf bunte Ledergürtel, die in allen Farben von klassischem Schwarz und Braun bis Rot oder Gelb die Wände des historischen Gebäudes füllen. Auf kleinen Tischen und Aufstellern liegen Accessoires wie Schlüsseletuis, Stifteetuis und Portemonnaies, stehen Damentaschen oder liegen Schreibtischunterlagen. Seit fast zweihundert Jahren gehört Ludwig Schröder fest zum Firmenleben im südholsteinischen Uetersen. „Davon etwa die Hälfte der Zeit an unserem jetzigen Standort an der Stadtgrenze zu Tornesch“, erzählt Katharina Schröder, die den Familienbetrieb für Lederwaren in der siebten Generation führt.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT Bodø/Salstraumen. Wenn Tore Hongset aus dem Fenster seines kleinen Büros schaut, hat er das Meer sofort im Blick. Ja, nicht nur das Meer, sondern eines der spektakulärsten Naturphänomene, das die Weltmeere bieten: den Saltstraumen. Denn das rote Holzhaus, in dem der 56-jährige Norweger vor rund zehn Jahren „Arctic Salt“ gründete, liegt in Ripnes auf der Insel Knaplundsøya unmittelbar am Ufer des größten Gezeitenstroms der Welt – des „Stroms in Salten“, so die deutsche Übersetzung. Der äußere und der innere Saltfjord sind mit nur etwa 150 Metern Breite hier so eng, dass sich die Gezeiten etwa 400 Millionen Liter Meerwasser hier auf bis zu 40 Stundenkilometer beschleunigen und sich spektakuläre Strudel von zehn und mehr Metern Durchmesser bilden. Ihre Kraft reißen BeobachterInnen von den umliegenden Ufern oder Booten schon beim bloßen Anblick in ihren Bann.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT Hamburg/Eckernförde (cs). Es gibt Tage, da kommt auch Stefan Heine ins Schwitzen. Nicht, weil der Hamburger an einer unlösbare Sudoku-Aufgabe knobelte. Oder weil der von Kennern zu Deutschlands „Rätselpapst“ ernannte Freiberufler einer neuen Herausforderung für seine zahlreichen LeserInnen arbeitet. Sondern schlicht, weil die Sommerhitze den Hof von Heines kombiniertem Wohn-Geschäfts-Hauses im Nordwesten der Hansestadt ungewohnt kräftig aufheizt. So wie beim Gespräch unserer Zeitung vor wenigen Tagen. Gleich anfangs stellt der 52-Jährige richtig: „Rätselpapst ist wirklich nicht meine eigene Einschätzung – ich nenne mich schlicht Rätselmacher. Das trifft das, was ich mache, viel besser.“
Von Christoph Schumann
PORTRÄT Hamburg (cs). Eigentlich wollte John Griffith schon im letzten Sommer in Pension gegangen sein. Eigentlich. Und wieso überhaupt „schon“? Denn mit 71 Jahren erfreuen sich andere LehrerInnen in der Regel meist schon länger über den gern so genannten Unruhestand. Doch als der gebürtige Australier gefragt wurde, ob er sich nicht vorstellen könne, doch noch ein weiteres Schuljahr am anzuschließen, war die Entscheidung schnell gefasst: „Ich wollte nicht aufhören, dazu hänge ich zu sehr an meinem Beruf“, sagt der Englischlehrer am Deutsch-Französischen Gymnasium (DFG) in Hamburg mit Blick zurück auf das vom Coronavirus überschattete Frühjahr 2020. „Das Unterrichten war für mich noch nie Arbeit im Sinne von Büro- oder sogar Fließbandarbeit, sondern Berufung statt Beruf. Ich genieße den Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern – heute genauso wie vor mehr als vierzig Jahren, als ich nach dem Studium erste Erfahrungen sammeln konnte.“ Dazu war Griffith klar, dass seine SchülerInnen infolge des ersten Lockdowns samt mehrmonatigem Homeschooling vor fast einem Jahr Nachteile und Wissenslücken im Unterrichtsstoff hatten, die er aktiv helfen wollte zu schließen.
Von Christoph Schumann
Hamburg. Beim Eintreten wirkt das Atelier von Ina Hattebier in Hamburg-Altona wie andere Künstlerwerkstätten auch. Der hohe Raum – einst die Kantine der Alten Dosenfabrik, die heute fast 30 arbeitende KünstlerInnen unter einem Dach versammelt – ist hell, geräumig, randvoll mit Schränken und Regalen voller Arbeitsmaterial sowie weit ausladenden Arbeitstischen. Wäre da nicht der zweite Blick auf den Werktisch vor dem Fenster: Handelt es sich bei den konisch geformten Gefäßen mit Deckel etwa um – Urnen? „Der Eindruck trügt nicht“, sagt Ina Hattebier und muss dabei fast lächeln. „Ich bin von ganzem Herzen Künstlerin“, so die unter anderem an der Hochschule für Bildende Kunst in der Freien- und Hansestadt ausgebildete Kreative weiter, „und dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit den Grenzbereichen des Lebens. So hat der Tod sich allmählich in mein Leben geschlichen.“
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg. Seit Montag steht fest, dass die Impfungen gegen das Coronavirus hierzulande unmittelbar nach Weihnachten beginnen können. Doch je näher der Impfstart rückt, umso größer scheint auch die Skepsis gegenüber der Impfkampagne zu werden. Wollten sich laut Umfragen im Frühjahr auf dem Höhepunkt der ersten Welle noch rund 70 Prozent aller Deutschen auf jeden Fall gegen SARS-CoV-2 impfen lassen, sank die Zahl zuletzt auf um die 50 Prozent und darunter. Wie geteilt Deutschland in der Frage nach der Corona-Impfung ist, belegt auch eine vor wenigen Tagen veröffentlichte repräsentative Umfrage einer bekannten Versicherung. Danach wollen sich von mehr als 2000 Befragten sogar nur rund 36 Prozent auf jeden Fall schützen lassen. Auffällig dabei ist der mit 43 Prozent höhere Anteil der Männer, die sich für eine Impfung aussprechen, im Vergleich zu lediglich 31 Prozent der Frauen.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Hamburg (cs). Die hellen Resopaltische stammen offenbar aus den 1960er Jahren. Die dunklen Holzstühle sind ein Mix aus 60ern und 70ern. Die grünen Cocktailsessel und der Sofatisch dazwischen müssen sogar noch aus den 1950ern sein. Auf den ersten Blick wirkt das „In guter Gesellschaft“ in der Hamburger Sternstraße wie eines der vielen anderen angesagten Retrocafés zwischen München und Flensburg. Doch spätestens, wenn der bestellte Kaffee auf dem Tisch steht, fällt auf: Irgendetwas ist im Café im trendigen Schanzenviertel anders. Denn Cappucino der Latte Macchiato werden nicht in Becher oder Tasse, sondern in Marmeladengläsern serviert. Statt Papier- gibt es Stoffservietten. Statt Plastikstrohhalmen solche aus Aluminium. An der hinteren Wand steht ein Büchertauschregal. Und „to go“ gibt es die Getränke hier auch nicht - wer Kaffee oder Latte genießen möchte, wird höflich gebeten, dies im Lokal zu tun. Anders ist auch die Speisekarte, auf der zum Beispiel die Abendbrotplatte „verschiedene Sorten Demeter-Biokäse, hausgemachtes Zwiebelchutney, hausgemachten veganen Aufstrich sowie Biobutter und -brot“ verspricht.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Kopenhagen. Wer zu Kasper Holten möchte, muss gut zu Fuß sein. Am Bühneneingang des Königlichen Theaters geht es zunächst vorbei an einer Ahnengalerie große dänischer Schauspieler. Es folgen zahlreiche Türen, ein Abzweig zur Kantine und lange Gänge, von denen Besucher rasche Blicke auf die Probebühne und in den großen Saal des renommierten Hauses im Herzen der dänischen Hauptstadt erhaschen können. Irgendwo geht es hinauf in den ersten Stock, hinein ins künstlerische Zentrum der renommierten Staatstheaters, das seit 1748 seinen Stammsitz am Platz Kongens Nytorv zwischen Einkaufsmeile Strøget und Ausgehviertel Nyhavn hat. Endlich ist das Büro des Chefs erreicht – genauer: des Intendanten der dänisch Det Kongelige Teater genannten führenden Schauspiel- und Opernhauses des Königreichs.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Kopenhagen. Irgendwann waren sie einfach da. Oder waren sie immer da? Denn von Trollen, den nordischen Wesen, hat Thomas Dambo schon als kleines Kind gehört. Für Dänen gehören die Fabelwesen schließlich zur ersten Lektüre, wenn Eltern oder Großeltern Trollmärchen vorlesen. „Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied“, sagt der in Odense geborene Künstler, „meine Trolle sind riesig, nicht klein wie in der Mythologie.“ Dabei hat auch der studierte Designer klein angefangen: Eines seiner ersten Werke waren vor zehn Jahren die „250 Vogelhäuser“ für die Stadt Kolding, wo Dambo die renommierte Fachhochschule Designskolen besuchte. Entwürfe der bunten Starenkästen ziehen die Blicke der Besucher auch heute noch in Dambos kreativer Werkstatt im Kopenhagener Viertel Nordhavn schnell auf sich.
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg/Bremerhaven. „Wir alle haben es in der Hand: Nur wenn wir Verpackungsmüll und Textilien aus Kunststoff vermeiden, lässt sich die Spirale stoppen.“ Nur wenn jede Verbraucherin und jeder Verbraucher ein persönliches Zeichen setze lasse sich die steigende Verwendung von Plastik in den unterschiedlichsten Lebensbereichen durchbrechen, so Angela Köhler vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Derzeit würden weltweit rund 350 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr hergestellt, davon allein in Europa 60 Millionen Tonnen. Doch die Tendenz sei steigend: Experten rechnen mit einem Anstieg der Plastikproduktion auf eine Milliarde Tonnen bis 2050. „Das Verbot von Einwegplastik in der EU ab 2021 bringt da wenig“, sagte die Forscherin am Rande des dritten Hamburger MeeresDialogs im Januar dieses Jahres im Hamburger Tierpark Hagenbeck bei einem Gespräch mit mir. „Denn dies macht gerade einmal 400.000 Tonnen aus.“
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Ruhpolding. Helmut Stemmler ist die Windbeutelgräfin. Genauer gesagt: Nachfolger der Windbeutelgräfin. Keine Frage, der bayerische Gastronom führt eines der legendärsten Gasthäuser im Freistaat. Und eines der ungewöhnlichsten. Denn im Kaffeehaus „Die Windbeutelgräfin“ am Ortsrand von Ruhpolding dreht sich fast alles nur um eine Spezialität: hausgemachte Windbeutel. Die hausgemachten Versuchungen gibt es in nicht weniger als dreizehn Variationen. Dass die heute legendären Windbeutel heute weit über das Chiemgau hinaus bekannt sind, war eigentlich ein Zufall.
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Kopenhagen Irgendwann hatte Paul Harder Cohen genug. Genug von traditionellen Fahrrädern mit wenig Komfort. Genug von unruhigen Rahmen, die bei schneller Fahrt die Spur nicht halten statt geradeaus zu rollen. Irgendwo in der für ihre vorbildliche Verkehrspolitik so hochgelobten Fahrradhauptstadt Kopenhagen müsste es doch ein Bike geben, das den Bedürfnissen der Mobilität von heute gerecht wird. Monatelang suchte der gebürtige Engländer vergeblich nach „seinem“ Zweirad. Gemeinsam mit seiner Frau Mette Walsted Kristiansen tüftelte der gelernte Bootsbauer, der einige Jahrzehnte mit Jachten gearbeitet hatte, an neuen Konzepten. Dabei experimentierte der heute 54-Jährige mit dem Material, das er vom Schiffsbau am besten kannte und das schon Karl Drais, der Erfinder des Ur-Vaters aller heutigen Räder benutzt hatte: Holz. Das robuste und gleichzeitig flexible, gut formbare Material war die Grundlage erster Rahmen, denen die studierte Grafikdesignerin Mette Walsted nordisch-klare Linien verlieh. Das Ergebnis: Seit rund fünf Jahren bauen die beiden Fahrradnerds ihre Wooca Bikes – aus: Wood und Copenhagen – in Handarbeit in Kleinserie. Die Werkstatt ihrer Coh&Co genannten Manufaktur liegt in einem flachen, alten Industriegebäude im Stadtteil Nyhavn, irgendwo zwischen Containerhafen und dem trendigen Wohn- und Geschäftsviertel, das in den vergangenen Jahren rund dreißig Fahrradminuten nördlich der Kopenhagener Altstadt aus dem Boden geschossen ist.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Fehring/Steiermark. Wie handgemachte Musik klingt, weiß Johann Fauster. Der Österreicher hat Musik studiert und viele Jahre lang klassisches Schlagzeug und Percussioninstrumente unterrichtet. Eine seiner größten Leidenschaften ist die Band, mit der der 43-Jährige regelmäßig auftritt. Seine eigentliche Bestimmung aber hat der gebürtige Steiermärker erst vor zwei Jahren gefunden, als Fauster gemeinsam mit Peter Wendler und Johann Koller seine alte Liebe zum Beruf machte: Im kleinen Fehring gründeten die drei heimatverbundenen Freunde Austrovinyl – das einzige Vinyl-Schallplattenwerk der Alpenrepublik. Das heißt, das Start-up in einem rund 300 Jahre alten Bürgerhaus in Gehabstand zu Kirche und Marktplatz ist alles andere als ein „Werk“. Im Gegenteil: Mit Austrovinyl haben die Enthusiasten eine eche Manufaktur gegründet. Jede Schallplatte, die der für die Produktion zuständige Fauster vorsichtig aus der Presse im Erdgeschoss hebt, ist echte Handarbeit.
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