Von Christoph Schumann
Hamburg. Beim Eintreten wirkt das Atelier von Ina Hattebier in Hamburg-Altona wie andere Künstlerwerkstätten auch. Der hohe Raum – einst die Kantine der Alten Dosenfabrik, die heute fast 30 arbeitende KünstlerInnen unter einem Dach versammelt – ist hell, geräumig, randvoll mit Schränken und Regalen voller Arbeitsmaterial sowie weit ausladenden Arbeitstischen. Wäre da nicht der zweite Blick auf den Werktisch vor dem Fenster: Handelt es sich bei den konisch geformten Gefäßen mit Deckel etwa um – Urnen? „Der Eindruck trügt nicht“, sagt Ina Hattebier und muss dabei fast lächeln. „Ich bin von ganzem Herzen Künstlerin“, so die unter anderem an der Hochschule für Bildende Kunst in der Freien- und Hansestadt ausgebildete Kreative weiter, „und dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit den Grenzbereichen des Lebens. So hat der Tod sich allmählich in mein Leben geschlichen.“
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg. Seit Montag steht fest, dass die Impfungen gegen das Coronavirus hierzulande unmittelbar nach Weihnachten beginnen können. Doch je näher der Impfstart rückt, umso größer scheint auch die Skepsis gegenüber der Impfkampagne zu werden. Wollten sich laut Umfragen im Frühjahr auf dem Höhepunkt der ersten Welle noch rund 70 Prozent aller Deutschen auf jeden Fall gegen SARS-CoV-2 impfen lassen, sank die Zahl zuletzt auf um die 50 Prozent und darunter. Wie geteilt Deutschland in der Frage nach der Corona-Impfung ist, belegt auch eine vor wenigen Tagen veröffentlichte repräsentative Umfrage einer bekannten Versicherung. Danach wollen sich von mehr als 2000 Befragten sogar nur rund 36 Prozent auf jeden Fall schützen lassen. Auffällig dabei ist der mit 43 Prozent höhere Anteil der Männer, die sich für eine Impfung aussprechen, im Vergleich zu lediglich 31 Prozent der Frauen.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Hamburg (cs). Die hellen Resopaltische stammen offenbar aus den 1960er Jahren. Die dunklen Holzstühle sind ein Mix aus 60ern und 70ern. Die grünen Cocktailsessel und der Sofatisch dazwischen müssen sogar noch aus den 1950ern sein. Auf den ersten Blick wirkt das „In guter Gesellschaft“ in der Hamburger Sternstraße wie eines der vielen anderen angesagten Retrocafés zwischen München und Flensburg. Doch spätestens, wenn der bestellte Kaffee auf dem Tisch steht, fällt auf: Irgendetwas ist im Café im trendigen Schanzenviertel anders. Denn Cappucino der Latte Macchiato werden nicht in Becher oder Tasse, sondern in Marmeladengläsern serviert. Statt Papier- gibt es Stoffservietten. Statt Plastikstrohhalmen solche aus Aluminium. An der hinteren Wand steht ein Büchertauschregal. Und „to go“ gibt es die Getränke hier auch nicht - wer Kaffee oder Latte genießen möchte, wird höflich gebeten, dies im Lokal zu tun. Anders ist auch die Speisekarte, auf der zum Beispiel die Abendbrotplatte „verschiedene Sorten Demeter-Biokäse, hausgemachtes Zwiebelchutney, hausgemachten veganen Aufstrich sowie Biobutter und -brot“ verspricht.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Kopenhagen. Wer zu Kasper Holten möchte, muss gut zu Fuß sein. Am Bühneneingang des Königlichen Theaters geht es zunächst vorbei an einer Ahnengalerie große dänischer Schauspieler. Es folgen zahlreiche Türen, ein Abzweig zur Kantine und lange Gänge, von denen Besucher rasche Blicke auf die Probebühne und in den großen Saal des renommierten Hauses im Herzen der dänischen Hauptstadt erhaschen können. Irgendwo geht es hinauf in den ersten Stock, hinein ins künstlerische Zentrum der renommierten Staatstheaters, das seit 1748 seinen Stammsitz am Platz Kongens Nytorv zwischen Einkaufsmeile Strøget und Ausgehviertel Nyhavn hat. Endlich ist das Büro des Chefs erreicht – genauer: des Intendanten der dänisch Det Kongelige Teater genannten führenden Schauspiel- und Opernhauses des Königreichs.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Kopenhagen. Irgendwann waren sie einfach da. Oder waren sie immer da? Denn von Trollen, den nordischen Wesen, hat Thomas Dambo schon als kleines Kind gehört. Für Dänen gehören die Fabelwesen schließlich zur ersten Lektüre, wenn Eltern oder Großeltern Trollmärchen vorlesen. „Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied“, sagt der in Odense geborene Künstler, „meine Trolle sind riesig, nicht klein wie in der Mythologie.“ Dabei hat auch der studierte Designer klein angefangen: Eines seiner ersten Werke waren vor zehn Jahren die „250 Vogelhäuser“ für die Stadt Kolding, wo Dambo die renommierte Fachhochschule Designskolen besuchte. Entwürfe der bunten Starenkästen ziehen die Blicke der Besucher auch heute noch in Dambos kreativer Werkstatt im Kopenhagener Viertel Nordhavn schnell auf sich.
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Hamburg/Bremerhaven. „Wir alle haben es in der Hand: Nur wenn wir Verpackungsmüll und Textilien aus Kunststoff vermeiden, lässt sich die Spirale stoppen.“ Nur wenn jede Verbraucherin und jeder Verbraucher ein persönliches Zeichen setze lasse sich die steigende Verwendung von Plastik in den unterschiedlichsten Lebensbereichen durchbrechen, so Angela Köhler vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Derzeit würden weltweit rund 350 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr hergestellt, davon allein in Europa 60 Millionen Tonnen. Doch die Tendenz sei steigend: Experten rechnen mit einem Anstieg der Plastikproduktion auf eine Milliarde Tonnen bis 2050. „Das Verbot von Einwegplastik in der EU ab 2021 bringt da wenig“, sagte die Forscherin am Rande des dritten Hamburger MeeresDialogs im Januar dieses Jahres im Hamburger Tierpark Hagenbeck bei einem Gespräch mit mir. „Denn dies macht gerade einmal 400.000 Tonnen aus.“
Von Christoph Schumann
REPORTAGE Ruhpolding. Helmut Stemmler ist die Windbeutelgräfin. Genauer gesagt: Nachfolger der Windbeutelgräfin. Keine Frage, der bayerische Gastronom führt eines der legendärsten Gasthäuser im Freistaat. Und eines der ungewöhnlichsten. Denn im Kaffeehaus „Die Windbeutelgräfin“ am Ortsrand von Ruhpolding dreht sich fast alles nur um eine Spezialität: hausgemachte Windbeutel. Die hausgemachten Versuchungen gibt es in nicht weniger als dreizehn Variationen. Dass die heute legendären Windbeutel heute weit über das Chiemgau hinaus bekannt sind, war eigentlich ein Zufall.
Von Christoph Schumann
PORTRÄT. Fehring/Steiermark. Wie handgemachte Musik klingt, weiß Johann Fauster. Der Österreicher hat Musik studiert und viele Jahre lang klassisches Schlagzeug und Percussioninstrumente unterrichtet. Eine seiner größten Leidenschaften ist die Band, mit der der 43-Jährige regelmäßig auftritt. Seine eigentliche Bestimmung aber hat der gebürtige Steiermärker erst vor zwei Jahren gefunden, als Fauster gemeinsam mit Peter Wendler und Johann Koller seine alte Liebe zum Beruf machte: Im kleinen Fehring gründeten die drei heimatverbundenen Freunde Austrovinyl – das einzige Vinyl-Schallplattenwerk der Alpenrepublik. Das heißt, das Start-up in einem rund 300 Jahre alten Bürgerhaus in Gehabstand zu Kirche und Marktplatz ist alles andere als ein „Werk“. Im Gegenteil: Mit Austrovinyl haben die Enthusiasten eine eche Manufaktur gegründet. Jede Schallplatte, die der für die Produktion zuständige Fauster vorsichtig aus der Presse im Erdgeschoss hebt, ist echte Handarbeit.
WIRTSCHAFT Kopenhagen. Es kommt nicht immer darauf an, gute Einfälle selbst zu haben – manchmal ist es noch wichtiger, das Potenzial eines innovativen Ansatzes zu erkennen. Genau so erging es Michael Stausholm mit Sprout. Vor sieben Jahren stieß der dänische Unternehmer auf der Crowdfunding-Plattform www.kickstarter.com auf eine Idee einiger Studierender vom Massachusetts Institute of Technology (MIT): einen Bleistift, der nach Gebrauch zu einer Pflanze wird. Der Stift sollte dabei nicht nur nachhaltig hergestellt, sondern auch biologisch abbaubar sein. Eine Art Gegenentwurf zum Kugelschreiber aus Kunststoff also. „Jahr für Jahr werden etwa 50 Milliarden Kugelschreiber produziert und verkauft. Das sind 135 Millionen Plastikstifte pro Tag, denn meist bestehen sie ja aus Mineralöl. Eine riesige Menge Plastik, die früher oder später im Müll landet“, rechnet der 50-jährige Stausholm vor. „Wenn wir nur einen kleinen Teil dieser Kunststoffschreiber durch pflanzbare Stifte ersetzen können, gibt es genug Grund für ihre Herstellung“, so der Unternehmer im Gespräch mit mir weiter.
INTERVIEW Hamburg. Stephan Klinkhamels kennt sich mit Trauer und Trauernden aus. Als Leiter des in Norddeutschland einmaligen katholischen Trauerzentrums und Kolumbariums in der Kirche St. Thomas Morus in Hamburg ist der gebürtige Hamburger tagtäglich mit den unterschiedlichsten Arten von Abschied und Trauer konfrontiert. Die vom Erzbistum Hamburg getragene Begegnungsstätte unweit des berühmten Tierparks Hagenbeck steht seit ihrer Eröffnung vor drei Jahren allen Menschen und Betroffenen offen – unabhängig von Religion, Alter oder Herkunft. Das Trauerzentrum bietet allen Menschen in Norddeutschland Rat, Trost, Hilfe und Begleitung in Zeiten von Trauer. Dazu gehören nicht nur Todesfälle, in denen ein etwa ein Angehöriger oder geliebter Mensch verstorben ist. Sondern auch Fälle wie gescheiterte Beziehungen oder Freundschaften, Verluste durch Gesundheit oder bei der Arbeit, bei geplatzten Träumen und vielem mehr. Auf Wunsch bietet der 54-jährige ausgebildete Theologe und Diakon Klinkhamels gemeinsam mit Ehrenamtlichen Betroffenen Hilfe und Unterstützung an, beispielsweise in individuellen Gesprächen, bei Gruppentreffen oder im regelmäßig stattfindenden Trauercafé. Mein Interview mit Stephan Klinkhamels fand im September 2019 anlässlich der "Trauermonate" Oktober und November mit ihren vielen Gedenktagen statt. / cs
REPORTAGE Hamburg. Johannes Peter Paul arbeitet zwischen Himmel und Erde. Und das gleich im doppelten Sinn. Der Pfarrer mit dem biblischen Namen kümmert sich nicht nur um die Verbindung zwischen Welt und „oben“. Der Katholik hat seinen Einsatzort auch noch an einem mehr als passenden Ort – dem Flughafen in Hamburg. Seit letztem Jahr ist der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Geistliche zusammen mit seinem evangelischen Kollegen Björn Kranefuß geistlicher Ansprechpartner für Reisende und Mitarbeiter von Norddeutschlands größtem Airport.
REPORTAGE Hagen am Teutoburger Wald. In und um den Erholungsort Hagen am Teutoburger Wald in Süd-Niedersachsen stehen mehr als 2000 Süßkirschbäume, darunter viele seltene Sorten – in Frühjahr und Frühsommer bieten Führungen auf dem 2,5 Kilometer langen Kirschlehrpfad am Jägerberg bieten Hintergrundwissen zu Tradition und Erhalt.
Schubacks Frühe Schwarze“ und „Dönissens Gelbe“ trennen einige Wochen bei der Blüte, aber nur ein paar Schritte auf dem Kirschlehrpfad vor den Toren von Hagen am Teutoburger Wald. Jetzt im späten Frühjahr stehen rund 2000 Süßkirschen hier auf dem Jägerberg und rund um den 14.000 Einwohner großen Erholungsort nahe Osnabrück und reifen in der Sonne des südwestlichen Niedersachsens. „ Ob „Große Schwarze“, „Knorpelkirsche“, „Baronkirsche“, „Große Prinzessin“, „Schöne aus Marienhöhe“ oder „Jakobs Schnapskirsche“ – nirgendwo in Deutschland ist die Vielfalt an Süßkirschen größer als hier an den Ausläufern des Mittelgebirges.
REPORTAGE Hamburg. Ein A aus Wien. Ein F aus Handewitt. Wandregale voller großer Fassadenschriftzüge. Kopfhohe Leuchtreklamen einer Achterbahn. Und kleine Schubladen, gefüllt mit Autozügen oder Drucktypen. Mehr als 1000 Lettern in allen erdenklichen Farben füllen die beiden Räume des Buchstabenlagers von Sabine Freundt in Hamburg. Mal sind es einige mehr, mal ein paar weniger – je nach Fundlage und Kundennachfrage. Gemeinsam mit ihrem Mann Yves sucht und sammelt die 41-jährige PR-Managerin gemeinsam mit ihrem Mann Yves seit mehr als zehn Jahren Buchstaben und Zahlen. Nicht alle behalten die beiden Nerds: seltene, kuriose und andere Stücke verkaufen sie über ihren kleinen Onlineshop.
Hamburg. Manchmal ist die Zeit reif für Veränderungen. Wenn das, was man seit langem tut – und das nicht einmal schlecht – nicht mehr so erfüllt wie anfangs. Wenn sich die letzte Leidenschaft im Alltag verliert. Und die Gedanken immer öfter nach neuen Herausforderungen suchen. Frank Pressentin erging es so. Rund zwanzig Jahre hat der Wahlhamburger nach seinem Studium als Sozialarbeiter mit psychisch Kranken gearbeitet, Hilfe und Lösungswege gegeben. „Mir hat das der Kontakt mit Menschen immer Spaß gemacht“, sagt der 41-Jährige, „doch besonders im Lauf des letzten Jahres habe ich gemerkt, dass ich mehr mit meinen Händen arbeiten möchte. Denn es ist etwas ganz Besonderes, am Abend das Ergebnis seiner kreativen Tätigkeit begreifen und sehen zu können.“
Aså/Dänemark. Es riecht nach Leder und nach Gummi, als wir den kleinen Schuhladen an der Skippergaden im dänischen Aså betreten – wie in jedem anderen Schuhgeschäft auch. In den Regalen stehen Sandalen, Turnschuhe, Halbschuhe für Frauen, Männer und Kinder. Mal bunt, mal einfarbig. Und dann stehen da noch: Clogs, original dänische Clogs. Denn „Aså Træsko“ in der kleinen Hafenstadt am Kattegatt in Nordjütland ist eines der wenigen Fachgeschäfte in Dänemark, das auch im 21. Jahrhundert noch auf die einst allgegenwärtigen Holzschuhe – auf Dänisch Træsko – spezialisiert sind. Ein Klassiker, den noch vor wenigen Jahrzehnten vom Landwirt bis zur Hausfrau, vom Lkw-Fahrer bis zum Dorfschüler im kleinen Königreich jede und jeder trug. Und der heute aus dem dänischen Alltagsbild verschwunden ist. Oder besser: verschwunden zu sein scheint.
Hamburg. Sanft streicht Ina Keller den Bogen über die Saiten ihrer Geige. Fühlt, ob das Holz elastisch und die Haare richtig gespannt sind. Dann lauscht die 52-jährige lang jedem einzelnen Tons nach, der ihre kleine Ladenwerkstatt in Hamburg-Eimsbüttel füllt. „Der Klang muss warm und farbenreich sein“, sagt die Handwerkerin, die seit gut zwanzig Jahren ihr einstiges Hobby zum Beruf gemacht hat: Die studierte Musikerin gehört zu der nur guten Handvoll Spezialisten hierzulande, die die Kunst der Anfertigung historischer Bögen beherrschen. Denn in der Barockzeit und davor klangen Instrumente weicher, ja milder, als Musiker und Musikfreunde es seit der Klassik ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts gewohnt sind. „Die Töne einer Geige klangen beispielsweise zur Zeit Johann Sebastian Bachs weicher, nicht so scharf wie heute“, weiß die ausgebildete Geigerin und Bratschistin, die ihre Leidenschaft für Alte Musik Anfang der 1990er Jahre beim Studium der Barockgeige in den Niederlanden entdeckte.
Grenå. Eigentlich könnte Bjarne Ottesen längst seine Rente genießen. Dass der 68-jährige Däne stattdessen in einem Alter, in dem andere Pensionäre den Winter im Süden verbringen oder sich um die Enkel kümmern, noch einmal umschulen und zum Firmengründer, Entwicklungschef und „Tang-Techniker“ werden würde – „darüber hätte ich vor vier, fünf Jahren noch den Kopf geschüttelt“, lacht der Chef von Nordisk Tang beim Ortsbesuch in seinem kreativ-chaotischen Büro im Gewerbegebiet in Grenå.
Doch der Reihe nach: Nach einem Lehramtsstudium arbeitete Bjarne Ottesen Jahrzehnte lang als Pädagoge. Als Leiter der kleinen Båring Højskole bei Middelfart auf Fünen kümmerte sich Ottesen intensiv um Zukunftsfragen und Nachhaltigkeit. Um die Jahrtausendwende auch ehrenamtlich als Präsident von Green Cross Danmark (GCD), des nationalen Ablegers der von Michail Gorbatschow gegründeten Umweltschutzorganisation Grünes Kreuz (GCI). Vor gut zehn Jahren begegneten sich beide auf einer Konferenz in Südafrika. An die entscheidenden Momente erinnert sich Ottesen noch genau: „Bei einem Ausflug blickten wir über den Atlantik und die riesigen Algenwälder. Da sagte Gorbatschow zu mir: ›Bjarne, das Meer mit den Algen ist die einzige ungenutzte Ressource, die wir haben. Da musst du etwas draus machen.‹ Und eher spontan und im Scherz antwortete ich, ja, das tue ich.“
Hamburg. "Meine Arbeit ist ein Abenteuer. Und das möchte ich mir noch so lange erhalten, wie es geht." Auch nach rund vier Jahrzehnten kreativen Schaffens ist Anton Corbijn völlig geerdet. Der 1955 geborene Holländer, nein: die Fotos des 1955 geborenen Holländers gehören zu den Stars der diesjährigen Triennale der Photographie, die heute in Hamburg begonnen hat. Zur Eröffnung seiner Ausstellung "Anton Corbijn. The Living and The Dead" im Bucerius Kunst Forum war der Starfotograf im doppelten Sinne eigens an die Elbe gereist. Starfotograf, weil Corbijn seit seinen Anfängen zu den besten Fotografen der Gegenwart zählt, der besonders der Musikwelt seinen Stil aufgedrückt hat. Und Starfotograf, weil der bescheidene Künstler (fast) alle großen Musiker und Bands vor seiner Linse gehabt hat, die seit etwa 1980 die Bühnen der Welt erobert haben: Joy Division, Depeche Mode, Tom Waits, U2, die Rolling Stones, aber auch Kraftwerk und nicht zuletzt Herbert Grönemeyer.
Uetersen. Der Duft von Schokolade empfängt Genießer schon an der Tür von Daja Chocolate. Und wer noch einmal genauer „hinriecht“ erkennt schnell auch den zarten Geruch von Früchten und exotischen Gewürzen, der durch die kleine Manufaktur in Uetersen zieht. Eine ungewöhnliche Mischung, die alles andere als Zufall ist – im Gegenteil. „Wir sind immer auf der Suche nach neuen, ungewöhnlichen Kombinationen für unsere Schokoladen“, sagt Jan-Henrik Klüver, der den kleinen Familienbetrieb in der Kuhlenstraße seit rund drei Jahren gemeinsam mit seiner Frau Danila betreibt.
Anfangs lag die gläserne Süßwarenwerkstatt der gelernten Konditoren in der historischen Brauerei der Rosenstadt. Seit Anfang des Jahres zaubern die beiden Schokoladenexperten ihre süß-exotischen Kreationen in den Räumen einer ehemaligen Schreinerei. „Das passt gut“, findet der 35-jährige Chocolatier, „denn auch wir sind schließlich Handwerker.“
Aalborg/Dänemark. Gerade war der Gehweg noch frei – und nun steht da plötzlich dieser Kinderwagen im Weg. Und als ich auf die Straße zuging, war kein Verkehr. Wo kam dann aber der Bus da plötzlich her, dem ich gerade noch ausweichen konnte? Wer seinen Blick aufs Smartphone richtet, kennt Schrecksituationen wie diese. Sie betreffen nicht nur Autofahrer, sondern besonders auch Fußgänger. Eine Untersuchung der Aalborg Universitet (AAU) bestätigt den persönlichen Eindruck jetzt auch wissenschaftlich: Wer zu Fuß unterwegs ist und dabei Nachrichten auf seinem mobilen Endgerät liest oder Textnachrichten schreibt, geht instabil und hat ein deutlich erhöhtes Sturzrisiko. Das jedenfalls ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Patrick Crowley von der norddänischen Hochschule bei Feldstudien teils in Dänemark, teils während eines viermonatigen Auslandssemesters an der Université Grenoble-Alpes in Frankreich gemacht hat.
Vester Vedsted/Ribe. Das neue Wattenmeercenter im dänischen Vester Vedsted entführt Besucher auf fast 3000 Quadratmetern in einen der wertvollsten Naturräume der Welt – und zum Arbeitspatz von Naturguide Klaus Melbye.
Der Arbeitsplatz von Klaus Melbye ist jeden Tag anders. Nicht nur das: Jede Minute ändert das Wirkungsfeld des 58-jährigen Naturguides. „Das Wattenmeer ist ständig in Bewegung“, sagt der dänische Biologe. „Ebbe und Flut, Sonne, Wind, Wellen und Wolken, Meerestiere und Zugvögel – die Küstenlandschaft erlebt einen permanenten Wandel.“ Kein Wunder, dass Melbye auch nach 25 Jahren immer noch voller Neugier steckt: „Das Wattenmeer ist weltweit das Ökotop mit der höchsten biologischen Produktion überhaupt. Erneuerung und Vergehen lassen sich hier hautnah miterleben.“
Luz Saint-Saveur. Die französischen Pyrenäen gehören mit Bergpässen wie dem 2115 Meter hohen Col du Tourmalet zu den Highlights der Tour de France – mit einem E-Bike wird das Erklimmen der Gipfel auch für Radurlauber zum Genuss.
Die einen sammeln Bergpässe und Höhenkilometer. Die anderen Trikots und Rennräder der unvergessenen Stars der Tour de France. Wie Christian Lafont und Jean-Pierre Souvergielle, die beide weit über ihre Heimat in den französischen Pyrenäen hinaus als Botschafter des Lebensgefühls Radfahren gelten.
Der rasende Feuerwehrmann Lafont wurde 2013 Radweltmeister der Brandlöscher in seiner Altersklasse. Doch erst nach 30 Berufsjahren hat der 60-Jährige aus Luchon kürzlich sein Hobby zum Beruf gemacht und ein Radsportgeschäft eröffnet. „Für mich erfüllt sich damit ein Traum“, sagt der drahtige Vielfahrer, der mehrmals pro Woche schon vor Ladenöffnung 160 Kilometer in den Bergen rund um den Thermalort trainiert.
Münster. Wenn Münster Feierabend macht, geht Martje Saljé zur Arbeit. Jeden Abend um halb neun Uhr erklimmt die 37-Jährige genau 300 Stufen hinauf zum höchst gelegenen Arbeitsplatz der westfälischen Universitätsstadt: Seit gut drei Jahren ist die studierte Musik- und Geschichtswissenschaftlerin Türmer in St. Lamberti. Genauer: Türmerin – die erste in der mehr als 600-jährigen Türmergeschichte des ab 1375 als Markt- und Bürgerkirche von Kaufleuten der früheren Hansestadt erbauten Gotteshauses, das am Prinzipalmarkt mitten in Münsters Altstadt liegt. „Dabei gibt es nachweislich schon seit 1383 Türmer auf Lamberti“, sagt Martje Saljé beim Aufstieg, der über enge Wendeltreppen vorbei an der alten Ratsglocke und den berühmten Eisenkäfigen führt, in denen die Leichname der drei Reformatoren Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling 1536 nach dem Scheitern ihres Wiedertäuferreichs öffentlich als abschreckende Mahnung zur Schau gestellt wurden. Zu Tode gefoltert waren die Abweichler vom rechten katholischen Glauben da bereits.
Hamburg. Dora Heldt ist pünktlich. Überpünktlich. Zu unserem Termin in einem Café, gleich um die Ecke ihrer Wohnung im Herzen von Hamburg, kommt die Erfolgsautorin mehr als fünf Minuten zu früh. Ungewöhnlich für eine Frau, die gewohnt ist, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. „Ich war schon immer so“, lacht die 1961 als Bärbel Schmidt aus Sylt geborene Schriftstellerin, „schon als Kind. Die fünfzehn Minuten, die mein Bruder auch heute noch jeder Mal zu spät kommt, bin ich lieber zu früh.“ Dies habe sie auch in ihren dreißig Berufsjahren im Verlagswesen so gehalten – zunächst als gelernte Buchhändlerin, dann zwei Jahrzehnte lang als Verlagsvertreterin eines Münchner Verlagshauses in ihrem geliebten Norden. „Auch wenn ich wusste, zu welcher Buchhandlung ich fahren musste, bin ich früh gestartet – sicher ist sicher“, sagt Heldt, die ungern auf sich warten lässt.
Ruhpolding. In der Backstube von Wolfgang Heigermoser duftet es verführerisch. In der Luft liegt der Geruch von Schokolade, Zucker, Marmelade und anderen Zutaten für Klassiker wie Prinzregententorte oder Apfelstrudel, die im Café Chiemgau in Ruhpolding zu den beliebtesten Torten- und Kuchengenüssen zählen. Heute soll es im Traditionshaus an der Hauptstraße darüber hinaus aber noch eine lokale Spezialität geben, die in keiner anderen Konditorei des oberbayerischen Ferienortes angeboten wird: Butternudeln.
Das Hefegebäck ist ein echter Geheimtipp. Nur wenige Ruhpoldinger und noch weniger Urlauber wissen überhaupt, dass der 38-jährige Konditormeister das überlieferte Familienrezept auf Wunsch heraussucht – nicht einmal auf der Karte des mehr als 60 Jahre alten Cafés ist die lokale Spezialität zu finden.
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