Typisch dänisch: Kleine Geschichte des dänischen Ferienhauses – vom Sommerhaus zum Urlaubsdomizil

Die meisten der dänischen Ferienhäuser liegen strand- und meernah an Nordsee und Ostsee. Foto: Chr. Schumann, 2020
Die meisten der dänischen Ferienhäuser liegen strand- und meernah an Nordsee und Ostsee. Foto: Chr. Schumann, 2020

Von Christoph Schumann

 

HINTERGRUND Dänemark (cs). Wie einfach Urlaub damals war! Wenn ich mich an die ersten Urlaubswochen in einem dänischen Ferienhaus in den frühen 1970er Jahren erinnere, fällt mir viel ein: eine nicht enden wollende Anreise auf breiten Landstraßen (denn Autobahnen gab es damals in Dänemark nur rund um Kopenhagen), endlos helle Sonnentage, menschenleere Strände – und natürlich die schlichte Unterkunft mit oft durchgelegenen Stockbetten für uns Kinder, dünne Wände, durch jedes kleinste Geräusch und in kühlen Nächten auch Feuchtigkeit und Kälte drangen. Und mindestens einmal, wenn nicht abendlich ein beherzter Angriff der Eltern auf die braunen, „ekligen“ Ohrenkneifer im abendlichen Bett, der den ersehnten Nachtschlaf sicherte. So ging es im Prinzip jeden Sommer, denn jedes neue Sommerhaus – und genau so, nämlich „Sommerhus“ heißen die Ferienhäuser am Strand auf Dänisch – wollte auch neu „erobert“, kennengelernt werden.

Woran ich aber garantiert nicht denke: Luxus, gute Isolierung für jede Jahreszeit, so dass das Ferienhaus auch im Winter bewohnbar ist, Komfort. Und Helligkeit drinnen, denn oft waren die Fenster der Ferienhäuser klein und das Dach weit hinuntergezogen. Doch im Sommer sind die Tage im Norden lang. Und ohnehin hielt und hält man sich ja ohnehin fast ausschließlich draußen auf. Als Kind sowieso. Kein Vergleich also zu den modernen dänischen Ferienhäuser von heute. Zum Glück!

 Bunt, aber noch einfach: ein dänisches Ferienhaus, geschätzt aus der Zeit um 1970. Foto: Chr. Schumann, 2020
Bunt, aber noch einfach: ein dänisches Ferienhaus, geschätzt aus der Zeit um 1970. Foto: Chr. Schumann, 2020

Luxus – Stück für Stück

Die ersten richtigen Ferienhäuser bauten sich meist gut situierte Dänen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Denn anders als heute war Ferienhausurlaub bis zum Zweiten Weltkrieg fast ausschließlich ein Vergnügen der Oberschicht: Reiche Familien zogen in den Sommermonaten in ihre küstennahen Domizile, die oft nur wenige Kilometer von der Stadtwohnung entfernt lagen. Auf Komfort verzichtete man nicht, die schwarz gebeizten Holzhäuser war erstaunlich gut ausgestattet – und Haushälterin oder Dienstpersonal reisten ohnehin mit.

Kriegs- und Besatzungsende wirkten dann wie eine Befreiung auch für die Ferien(haus)träume breiterer Schichten.

 

Der Bau der auf Dänisch Sommerhäuser („sommerhus“) genannten Freizeitunterkünfte stieg beinahe explosionsartig an: Gab es 1950 noch etwa 40.000 bis 50.000 Sommerhäuser an Dänemarks 7.000 Kilometer langen Küsten, waren es nur 15 Jahre später schon drei Mal so viele, platziert vor allem an der Westküste und in Nordseeland. Mit steigendem Wohlstand, zunehmender Freizeit und Automobilität für alle hatte das Ferienhaus den Schrebergarten als Freizeitoase Nummer eins abgelöst.

Einst bescheiden, nun voll Freizeitkomfort

Charakteristisch für die meisten Ferienhäuser der 1950-er und 60-er Jahre war ihre bescheidene Ausstattung. Sie waren klein, kaum isoliert – eben Sommerhäuser –, besaßen nur kleine Kojenräume und Petroleumlampen statt elektrischem Licht.

Dies änderte sich ab Mitte der 60-er, verstärkt aber ab den 70-er Jahren. Die Sommerhäuser erhielten nun einen größeren Grundriss, eine gute Isolation machte die ganzjährige Nutzung möglich, frei stehende Betten mit Federkernmatratzen lösten die Kojen ab und auch Küche und Bad wuchsen mit den Ansprüchen.

Seitdem blieb die Entwicklung nicht stehen, gerade in den zurückliegenden Jahren scheinen Größe und Charme dänischer Ferienhäuser erneut einen Quantensprung gemacht zu haben. Die heute landesweit rund 250.000 naturschön gelegenen Domizile mit einem bis zu 5000 Quadratmeter großen Grundstück und Platz für Groß und Klein gehören zu den modernsten und einladendsten Häusern in Europa überhaupt. Krönung sind die so genannten Luxushäusern mit einer Größe von 90, 100, ja 120 Quadratmetern und mehr und allem erdenklichen Freizeitkomfort wie Innenpool, Whirlpool, Sauna, Solarium, Kamin, Waschmaschine, Sat-TV oder DVD-Player. Kein Wunder, dass Urlaub im dänischen Ferienhaus die beliebteste Urlaubsform deutscher Gäste ist: Mit rund elf Millionen Übernachtungen liegt das Ferienhaus weit vor Hotel oder Camping. Deutsche Urlauber stellen traditionell Jahr für Jahr die größte Gruppe. Es folgen Norweger und die Dänen selbst.

 Ferienhausvermittler: Einst dänisch, heute international

Wie sich Qualität, Größe und Popularität der Ferienhäuser änderten, wandelte sich auch die Vermietung. Buchten Reisende vor drei, vier Jahrzehnten beim örtlichen Touristenbüro, beim lokalen Kaufmann oder Vermieter, setzen Urlauber heute verstärkt auf den professionellen Service der großen Ferienhausvermittler. Rund ein Viertel der meist in Privatbesitz befindlichen dänischen Sommerhäuser wird vermietet. Erster großer Ferienhausanbieter war das 1956 in Kooperation mit dem Vorgänger von VisitDenmark entstandene „Dansk Centralkontor for Sommerhus-Udlejning“, heute DanCenter Bekanntester Ferienhausanbieter in Dänemark, wohl in Europa ist heute das 1968 als Nordisk Ferie in Kopenhagen gegründete Unternehmen Novasol. Auf Luxus-Ferienhäuser mit Swimmingpool und weiteren Komfort spezialisiert hat sich das 1976 gegründete Dansommer, anfangs noch Jydsk Sommerhusudlejning. Alle großen Ferienhausanbieter, darunter auch Sonne und Strand (Sol og Strand) oder Feriepartner, örtliche und regionale Vermieter sowie Touristenbüros sind zusammengeschlossen im dänischen Fachverband Feriehusudlejernes Brancheforening mit Sitz in Aalborg. Er bürgt für Qualität zum Wohl des Kunden – und ist im Zweifels-, also Streitfall auch Ansprechpartner bei Klagen.

Ferienhausurlaub in Dänemark ist übrigens ganz flexibel: Ob „Miniferie“ genannter Kurzurlaub oder Wochenendaufenthalt, ob günstiger Nebensaisonpreis oder preiswerte Last-Minute-Buchung, ob kleines Haus für zwei oder Luxusunterkunft für bis zu zehn Freunde – das passende Ferienhaus findet in Dänemark jeder.